„Ich bin eine Gasgeberin“

„Ich bin eine Gasgeberin“
Maria Fekter: Wie tickt die Finanzministerin? Ein persönliches Urlaubs-Interview am Attersee.

Maria Theresia Fekter (56) ist auf Heimaturlaub. Ein Sommergespräch mit der Finanzministerin am Attersee.

KURIER: Sie sind aus Attnang-Puchheim. Der Strand der Vöcklabrucker ist der Attersee. Gehen Sie da baden?
Maria Fekter:
Ja, sicher. Ich habe  ein  Grundstück am See, das mein Großvater Anfang der 50er-Jahre erworben hat.  Damals hat man von sumpfigen und sauren Wiesen gesprochen.  Er hat  das von einem zahlungsunfähigen  Kunden  übernommen.   Heute bin ich froh über dieses Rückzugsgebiet. Ich bin ein echter Attersee-Fan.

Ich hätte gern auch Ihren Mann am Foto gehabt.
(lacht) Seit 22 Jahren vermeidet er es penibel, mit mir auf einem Foto zu erscheinen.  Er hat mich auch nie auf politischen Veranstaltungen begleitet. Er mag das nicht.

Ihre Ressorts, früher das  Innen-, nun das Finanzministerium, sind  gewichtige.  Wie verkraften Sie die damit verbundenen Belastungen?
Es sind starke Belastungen. Zudem bin ich auch im Koordinierungsausschuss, um die Themen  der Koalition abzuklären. Ich muss schauen, dass der Reformprozess kontinuierlich vonstatten geht.

Wie gehen Sie mit dem Stress um?
Ich habe jahrelang mit meiner Tochter in Wien zusammengelebt.  Jetzt ist sie nach München gezogen und ich bin nun  allein. Ich habe  festgestellt, dass ich zum Workaholic werde. Hier muss ich mich selbst disziplinieren, dass ich die Bodenhaftung behalte. Ich muss gesundheitlich auf mich schauen. Der Primar hat mir geraten, wesentlich mehr Bewegung zu machen, damit mein Blutdruck herunterkommt.

Was werden Sie machen?
Ich schwimme sehr gern. Ich bin früher mehrmals in der Woche in der Früh Schwimmen gegangen. Für eine Frau ist  das mühsam. Es ist ein relativ großer Aufwand, sich  nachher die Haare zu richten. Wenn ich nicht zum Schwimmen komme, versuche ich zumindest 15, 20 Minuten auf dem Hometrainer zu sitzen. Der Job bringt es mit sich, dass ich ununterbrochen sitze. Dieses Sitzen muss man ganz bewusst durchbrechen, sonst geht es auf die Gesundheit.

Wann beginnen Sie in der Früh? Um sechs Uhr?
Um sechs Uhr müsste ich schon sporteln.  Das ist schon sehr früh, vor allem, wenn man spät heimkommt. Aber das ist alles eine Frage der Disziplin.

Und die haben Sie?
Leider nein. Ich bin zu wenig konsequent, was den Sport betrifft. Das fängt bei den Kilos an. Ich müsste auch mehr auf die Signale des Körpers achten. Es wäre gut, manchmal zwei Tempi weniger zu machen. Ich bin sehr emotional und eine, die permanent auf 180 ist.

Eine Gasgeberin?
Ja, schon.

Haben wir in der Euro-Krise das Schlimmste schon hinter uns oder noch vor uns?
Wenn man sich den Beginn 2008 anschaut, waren wir seither mit ständig neuen Phänomenen konfrontiert. Das wird uns noch  eine Zeit lang begleiten.

Wie lange? Zwei, drei Jahre?
Ein Finanzminister wird noch längerfristig Krisenmanager sein müssen. Die Zeiten,  in denen die Finanzminister wie der Firmgöd durch die Lande ziehen, sind vorbei.

Die Situation wird sich verschlechtern?
Es gibt einen sehr ausgeprägten Willen in der Euro-Zone, diese zusammenzuhalten. Dieser Wille ist wahrscheinlich das Stabilste in der gesamten Situation. Wir haben derzeit noch keine ausreichenden Instrumente, wie ein Staat pleitegehen kann oder wie große, systemrelevanten Banken pleitegehen können. Wir sind in Europa ständig am Erarbeiten von Instrumenten, um unkontrollierte Ereignisse zu vermeiden. Derzeit arbeiten wir an einer Lösung für die Banken. Systemrelevante Banken müssen sich so aufstellen, dass sie nicht zum Schaden für die gesamte Euro-Zone werden. Da wird die Banken-Union diskutiert, es geht um eine zentrale europäische Bankenaufsicht bis hin zu einer europäischen Einlagensicherung, die ich noch nicht so rasch sehe. In diesem Gefüge braucht man auch  ein Banken-Insolvenzrecht. Ähnliches erarbeiten wir für Österreich.

Was haben wir eigentlich? Eine Schuldenkrise, eine Bankenkrise?
Wir haben in manchen Ländern eine veritable Schuldenkrise. Haushaltskonsolidierung und zu schauen, wie man von den Schulden runterkommt, ist eine Pflichtaufgabe.
Weiters haben wir  in Österreich eine Bankenkrise mit unseren verstaatlichen Banken. Die Hypo Alpe-Adria, die Kommunalkredit, die ÖVAG. Wir haben hier gröbere Hausaufgaben zu machen aufgrund von unfassbaren Missständen beim Risikomanagement dieser Banken.
Drittens haben wir in Europa eine politische Krise. Denken Sie an Griechenland, das zwei Mal hat wählen müssen, damit es eine Regierung zustande bringt. Es ist ausgesprochen schwierig, die notwendigen Haushaltskonsolidierungen durchzuführen. Alle Regierungen werden abgestraft. Es war sehr sehr lange politisch populär, wie ein Firmgöd Geld zu verteilen. Es war unpopulär zu sagen, es gibt keine Geschenke  mit dem Steuergeld. Da hat sich Gott sei Dank viel gewandelt. Politiker, die heute mit dem Geld um sich werfen, werden inzwischen als suspekt empfunden. Neben der Schulden-, der Banken und der politischen Krise kommt in manchen Ländern die Wachstumskrise dazu. Hier sind wir in Österreich halbwegs gut aufgestellt. Wir müssen sehr aufpassen, dass das Wachstumspflänzchen ja nicht vertrocknet. Jedem Krisen-Phänomen muss man mit anderen Maßnahmen begegnen. Hier gibt es kein Patentrezept.

Die SPÖ sagt, die Reichen sollen zahlen.
Die Reichen zahlen Gott sei Dank gut. Ich will sie nicht vertreiben. Wir haben einen Spitzensteuersatz von 50 Prozent. Das hat außer Schweden und Dänemark kein anderes europäisches Land. Substanzbesteuerung vertreibt die Investoren und kostet Arbeitsplätze.

Sie sind bekannt für klare Aussagen. Sie wurden dafür auch  kritisiert.
Ich wurde von Medien häufig massiv gescholten. Die Menschen auf der Straße begegnen mir sehr offen und sagen mir: Sie sagen, was Sie sich denken und man versteht Sie auch.

Wenn ich Ihnen zuhöre, habe ich den Eindruck, Sie sind vorsichtiger geworden.
Manche meiner Aussagen sind durch falsche Zitate entstanden. Beim Italien-Sager wurde ich falsch zitiert. Die Aussage über Juncker war mit Sicherheit uncharmant. Ich würde heute nicht mehr über die Krankheit eines Kollegen  reden.

Werden Sie  nach der nächstjährigen Nationalratswahl wieder Finanzministerin sein?
Davon gehe ich aus, dafür kämpfe ich mit aller Energie, die ich habe. Es macht mir großen Spaß, Finanzministerin zu sein.

Manche sagen,  Fekter würde auch den ÖVP-Vorsitz übernehmen. Hat Ihnen das noch niemand erzählt?
Das hat man mir auch schon erzählt. Aber ich bin eine leidenschaftliche Finanzministerin. Es ist besser einen Finanzminister zu haben, der sonst keine anderen Aufgaben wie den Parteivorsitz hat. Daher ist die Aufteilung in Finanzministerin und in Parteiobmann, Vizekanzler und Außenminister unvergleichlich besser.

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