"Finanziell ist die Lage für Frauen prekär"

Die 45-jährigeSabine Promberger stammt aus Ebensee, ist Gemeindevorstand, Landtagsabgeordnete und Erwachsenenbildnerin.
Die designierte Frauenchefin fordert von der SPÖ die 40-prozentige Frauenquote ein.

Sabine Promberger wird heute, Sonntag, zur neuen Frauenvorsitzenden der SPÖ Oberösterreich gewählt. Die 45-Jährige stammt aus Ebensee, ist Gemeindevorstand, Landtagsabgeordnete und Erwachsenenbildnerin. Sie ist in einer Lebensgemeinschaft und Mutter dreier Kinder. Ihr Hobby ist der Triathlon. Im vergangenen Jahr hat sie den Ironman in Klagenfurt – 3,86 km Schwimmen, 180,2 km Radfahren und 42,195 km Laufen – in 14 Stunden und 20 Minuten bewältigt.

KURIER: Was motiviert Sie, den Landesfrauenvorsitz zu übernehmen? Das ist ja keine einfache Sache, denn Ihre Vorgängerin Sonja Ablinger scheidet im Konflikt mit der Partei aus.

Sabine Promberger:
Wir brauchen eine starke Frauenvertretung. Die Sichtweise in der Partei war immer ambivalent. Auf der einen Seite hat die Partei gewisse Interessen, auf der anderen Seite sind wir Frauen. Die Vorstellungen sind nicht immer deckungsgleich, gerade bei der Quote. Im Statut ist die 40-prozentige Frauenquote verankert. Sie bei den Nachrückungen umzusetzen, sorgt für Auseinandersetzungen.

Beim Kampf um das Nationalratsmandat von Barbara Prammer zwischen Sonja Ablinger und Walter Schopf kam die Ambivalenz voll zum Ausbruch.

Sonja Ablinger hat mit ihren berechtigen Forderungen bei den Männern eine gewisse Ablehnung hervorgerufen. Wobei wir uns innerparteilich über die 40-Prozent-Quote einig sind. Dazwischen haben wir immer wieder Situationen, wo die Quote nicht erfüllt wird.

Die Realität ist, dass die Männer dominieren. So sind zum Beispiel die Bezirksvorsitzenden bis auf zwei Frauen alle Männer. Bezirksvorsitzende erhalten ein Mandat. Wir versuchen eine ausgewogene Kandidatenaufstellung, die sowohl die Bezirke als auch das Geschlecht berücksichtigt. Bei der Landtagsliste gelingt uns das ganz gut.

Warum ist die Quote so wichtig? Ist die Politik der Frauen eine andere?

Frauen bringen andere Aspekte in der politischen Arbeit ein. Ein einfaches Beispiel sind Gehsteigkanten, von denen Frauen mit Kinderwägen besonders betroffen sind. Das fällt Männern erst dann auf, wenn sie im Rollstuhl sitzen oder den Kinderwagen schieben.

Das andere sind Kinderbetreuungseinrichtungen. Wenn deren Öffnungszeiten nicht mit den Arbeitszeiten abgestimmt sind, dann haben Frauen mehrere Probleme. Frauen sind gezwungen, eine Teilzeitarbeit anzunehmen, die möglicherweise auch nicht der Qualifikation und der Ausbildung entspricht. Frauen kommen dadurch in Stresssituationen. Die Kinderbetreuungseinrichtung sperrt zu spät auf und zu bald zu und sie soll im Job ihre Leistung bringen. Das sind Erfahrungen, die Frauen häufiger als Männer machen.

Wie ist die Situation der Kinderbetreuung in Oberösterreich?

Wir haben bei den unter Dreijährigen einen Aufholbedarf. Der Bezirk Gmunden setzt sich aus 20 Gemeinden zusammen. Nur drei erfüllen den Index der Arbeiterkammer für Kinderbetreuungseinrichtungen.

Die Tatsache, dass es unter den Bezirksvorsitzenden nur zwei Frauen gibt, ist doch auch Ausdruck dessen, dass die weitaus größte Zahl der ehrenamtlichen Parteifunktionen mit Männern besetzt sind.

Hier muss man ansetzen. Man braucht schon in den Gemeinderäten genug Frauen, die die Basis bilden.

Sollte die Frauenquote nicht für alle Parteifunktionen gelten?

Wir haben sie. Die Umsetzung ist eine andere Sache. Es ist leichter, eine Frau für ein bezahltes Mandat zu finden. Wir haben kürzlich einen Tag für Gemeinderätinnen durchgeführt, bei dem wir alle, die nächstes Jahr kandidieren werden, zusammengeführt haben. Auch wenn wir in der Partei noch mehr männliche als weibliche Mitglieder haben, so gibt es in der Gesellschaft mehr Frauen als Männer.

Wie sehen Sie die gesellschaftliche Situation der Frauen?

Finanziell ist die Situation eine prekäre. Alleinerzieherinnen und Pensionistinnen sind überdurchschnittlich von Armut betroffen. Entweder sind die Frauen in einer finanziell schwierigen Lage oder sie sind in einer Abhängigkeit. Es geht darum, dass alle selbstständig vom Einkommen leben können.

Das Lebensumfeld von Frauen ist sicher ein schwierigeres. Rechtlich haben wir die Gleichstellung schon geschafft. Wenn aber die finanzielle Selbstständigkeit nur gering oder gar nicht da ist, dann ist das Leben geradeso am Rande.

Ihre Vorgängerin Sonja Ablinger hat sich als Linke verstanden. Wie definieren Sie Ihre Ausrichtung?

An sich komme auch ich eher aus dem linken Lager. Es geht insgesamt auch darum, wie man Einkommen in Österreich gerecht verteilt. Ich will hier gar nicht bei der Millionärssteuer hängen bleiben.

Wie ist die Situation von Menschen, die benachteiligt sind? Wie wird Einkommen gerecht aufgeteilt? Wie hoch muss das Einkommen sein, damit man davon leben kann?

Das betrifft auch die Bildung. Wie viel Chancengleichheit haben wir? Bildung ist in Österreich zu einem großen Teil eine vererbbare Sache. Bildung ist auch stark davon abhängig, ob man sie sich leisten kann. Wer nicht so gut ausgebildet ist, hat auch schlechtere Chancen am Arbeitsmarkt, er ist viel stärker von Arbeitslosigkeit bedroht.

An der Spitze der Partei stehen mit Reinhold Entholzer und Werner Faymann Vertreter eines pragmatischen Kurses.Wie geht es Ihnen mit den Herren?

Mit Reinhold Entholzer tausche ich mich auf einer vernünftigen Ebene aus. Wir sind nicht überall einer Meinung, aber wir haben ein Gesprächsklima, wo er mir sagt, was ihm nicht passt und ich ihm sage, was mir nicht gefällt. Das wird auf Augenhöhe abgewickelt.

Mit Faymann habe ich ein paar Mal geredet, da sind wir nicht zusammengekommen. Aber ich könnte nicht sagen, dass ich aus dem heraus schon allein ein Problem hätte. Am Ende des Tages muss man versuchen, dass man zusammenkommt. Diese Erfahrung habe ich in der Gemeindepolitik gemacht. Man muss einen Kompromiss finden, denn die Menschen honorieren es nicht, wenn der eine Schwarz sagt und der andere Blau.

Wie aus der Landespartei zu hören ist, bemüht man sich bei der Erstellung der Liste für die Landtagswahl um die Einhaltung der Frauenquote.

Ich hatte Anfang dieser Woche ein Gespräch mit Entholzer. Ich habe ihm gesagt, wie wichtig es ist, hier eine ordentliche Lösung zu finden. Er hat mir versichert, dass er sein Möglichstes dafür tun wird.

Wir haben schon einmal 50 Prozent gehabt. Mir sind natürlich 50 Prozent lieber als 40. Es ist wichtig, dass wir jetzt bereits darüber reden, bevor die Bezirke ihre Kandidatenliste erstellen.

Was möchten Sie als Frauenchefin verändern?

Wir wollen auf uns auf Gemeindeebene stärken, damit wir genug Kandidatinnen für die verschiedenen Listen haben. Wir benötigen mehr Netzwerke und eine bessere Struktur. Was macht die Männer stark? Dass sie mehr Netzwerke haben und sie sie besser nützen. Im Prinzip ist mir die Diskussion Männer gegen Frauen zu billig. Wir schaffen es nur, wenn wir es gemeinsam machen.

Ansonsten glaube ich, dass das Thema Vereinbarkeit von Familien und Beruf ein ganz großes ist. Die Kindergärten und ganztägige Schulformen müssen ausgebaut werden. Die wirtschaftliche Unabhängigkeit muss für die Frauen möglich gemacht werden.

Warum gibt es trotz der Transferzahlungen in Österreich relativ wenig Kinder? Weil die Kinderbetreuungseinrichtungen unflexibel sind. Dann sagen die Frauen, kein Kind oder vielleicht ein Kind, weil die Berufsunterbrechung einen ziemlich Knick in der Karriere und im Verdienst bedeuten.

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