"Die Berge waren Edis Leben"

Der Linzer Edi Koblmüller (69) bezwang fünf Achttausender, darunter als Erster die Südostwand des 8201 Meter hohen Cho Oy in Tibet.
Profi-Alpinist Edi Koblmüller und Wienerin (59) erfroren auf 5000er im Kaukasus.

Der Kasbek an der Grenze zwischen Georgien und Russland ist mit 5047 Meter der höchste Berg im östlichen Kaukasus. Der erloschene Vulkan gilt als vergleichsweise einfacher Gipfel – und doch sind dort am Mittwoch der bekannte Bergsteiger Edi Koblmüller (69) und eine Tourengeherin aus Wien (59) in einem Schneesturm erfroren.

Koblmüller war am 10. April, seinem Geburtstag, mit acht Reiseteilnehmern – drei Wienern , zwei Salzburgern, einem Vorarlberger, einem Oberösterreicher und einem Schweizer – nach Georgien aufgebrochen. Am Mittwoch stand die Gipfelbesteigung des Kasbek von der 3670 m hoch gelegenen Bethlemi-Hütte auf dem Programm. Noch während des Aufstiegs schlug das Wetter plötzlich um. "Die Gruppe dürfte sich geteilt haben. Einige Reiseteilnehmer fuhren wieder zur Hütte ab", berichtet Außenamts-Sprecher Martin Weiss.

Minus 20 Grad

"Die Berge waren Edis Leben"
Koblmüller blieb mit der 59-Jährigen Wienerin – sie dürfte konditionelle Probleme bekommen haben. Als sich der Schneesturm drastisch verschlimmerte, blieb dem erfahrenen Bergsteiger nichts anderes übrig, als ein Biwak aufzuschlagen. "Wenn du nichts mehr siehst und nicht mehr weiter kannst, bleibt dir nichts anderes übrig, als dich im Schnee einzugraben und auf Wetterbesserung zu warten", schildert Winfried Flossdorf, Geschäftsführer der von Koblmüller gegründeten Agentur "Die Bergspechte".

Dennoch hatten Koblmüller und seine Bergkameradin offenbar keine Chance, dem Erfrierungstod zu entrinnen. "Vielleicht war der Schnee zu hart, um sich einzugraben. Anscheinend hat es minus 20 Grad gehabt, dazu der extrem starke Wind", vermutet Flossdorf.

Noch am Mittwoch alarmierten die anderen Reiseteilnehmer die georgischen Bergretter. Diese konnten aufgrund des nach wie vor tobenden Schneesturms aber nicht ausrücken, ohne sich selbst in Lebensgefahr zu bringen. Erst am Donnerstag gab es traurige Gewissheit: Die Einsatzkräfte entdeckten die Leichen Koblmüllers und der 59-jährigen Wienerin in 4700 Metern Seehöhe.

Schicksalsschläge

Für Koblmüllers Familie ist der Tod des 69-Jährigen ein weiterer Schicksalsschlag. Seine Ehefrau Elisabeth war 2003 bei einer vermeintlich banalen Übung auf einer Kletterwand im Pinzgau 56-jährig tödlich verletzt worden. Koblmüllers Sohn Michael verstarb bereits 1999: Der damals 24-Jährige wurde bei einer Expedition auf den 7266 Meter hohen Diran in Pakistan von einer Lawine verschüttet. "Ich bin selbst Bergführerin und weiß, was es heißt, in den Bergen unterwegs zu sein, welches Risiko das ist. Edi war sich dessen immer bewusst", erzählt seine Schwester Marianne Hofinger-Koblmüller zum KURIER.

Ihr Bruder hinterlässt eine Lebensgefährtin und Sohn Reinhard, der am Donnerstag in Schweden vom Tod des Vaters erfuhr. "Wir sind schockiert und unendlich traurig", sagt Hofinger-Koblmüller. "Aber ich weiß, dass es Edis Wunsch war, in den Bergen zu sterben. Die Berge waren sein Leben. Leider ist es viel zu früh passiert."

Koblmüller selbst sagte im Dezember 2011 in einem KURIER-Interview: "Auch ich habe am Berg Fehler gemacht, offenbar auch viel Glück gehabt. Auf dieses Glück habe ich mich oft instinktiv verlassen." Einen Schutzengel hatte der Linzer, der unter anderem fünf Achttausender bezwang, zum Beispiel vor zehn Jahren. Damals wurde er von einer Lawine in den italienischen Abruzzen vollständig verschüttet und überlebte.

Die übrigen sieben Reiseteilnehmer sind laut Außenministerium wohlauf. Die Gruppe befindet sich noch in Georgien und wird voraussichtlich am Sonntag nach Hause fliegen.

In den vergangenen Jahren waren immer wieder österreichische Alpinisten Opfer von tödlichen Bergunfällen. Ursache waren dabei oft Selbstüberschätzung und schlechte Ausrüstung. Ein Auszug:

24. August 2008: Fünf Österreicher werden am Mont-Blanc-Nebengipfel Tacul von einer Lawine verschüttet. Sie gelten mit fünf weiteren Alpinisten als vermisst.

1. Mai 2011: Ein Salzburger Alpinist stürzt am Swanson-Gletscher in Kanada rund 35 Meter in eine Gletscherspalte. Er ist sofort tot.

15. Juli 2013: Ein Salzburger Bergsteiger (53) ist mit drei österreichischen Freunden am Matterhorn unterwegs, als er wegen des hohen Schnees etwa 200 Meter in die Tiefe stürzt und stirbt.

28. Dezember 2014: Eine österreichische Alpinistin wird in der spanischen Sierra Nevada von der Bergrettung tot geborgen. Die Frau fiel offenbar den extrem tiefen Temperaturen zum Opfer.

28. August 2014: Ein Urlauber aus Österreich kommt auf der 3.500 Meter hohen Dreiherrenspitze in Südtirol in Bergnot und erfriert. Der Mann, der nur mit Turnschuhen und kurzer Hose unterwegs war, verirrte sich beim Abstieg vom Gipfel.

1. April 2015: Bei einem Lawinenunglück in den französischen Alpen kommen zwei Österreicher ums Leben. Ein weiteres Todesopfer stammt aus Italien.

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