"Land will die gute Situation der Linz AG ausnützen"

Erich Haider (57) ist seit Anfang Oktober neuer Generaldirektor der Linz AG.
Der neue Generaldirektor der Linz AG lehnt die von Landeshauptmann Josef Pühringer vorgeschlagene Fusion mit der Energie AG kategorisch ab.

Erich Haider ist seit Anfang Oktober neuer Generaldirektor der Linz AG, die 2700 Mitarbeiter beschäftigt. Der 57-jährige Mühlviertler begann als Linzer SPÖ-Sekretär, er war Umweltstadtrat und neun Jahre Landeshauptmannstellvertreter.

KURIER: Nach Ihrem Abschied als Landeshauptmannnstellvertreter mussten Sie fünf Jahre in der Öffentlichkeit schweigen. Ist das nicht hart für einen Politiker?

Erich Haider:
Ja und nein. Es gibt viele Themen, zu denen man Stellung beziehen möchte. Auf der anderen Seite gibt es aber das Prinzip, dass die Ausgeschiedenen den Amtierenden keine Ratschläge erteilen sollen. Ich gehöre zur zweiten Kategorie. Es ist ein leichtes, aus der zweiten Reihe Kommentare abzugeben, wenn man sie nicht umsetzen muss.

Ihr Unternehmen ist inmitten einer politischen Diskussion. Die Linzer FPÖ möchte, dass die Linz AG ihre 10,3 Prozent an der Energie AG verkauft, um das Stadtbudget zu entlasten.

Wir haben die Stadt gebeten, keinen Verkaufsauftag zu erteilen, weil dadurch der Preis sofort um fünf bis zehn Prozent sinkt. Derjenige, der verkaufen muss, hat die schlechtere Verhandlungsposition. Es geht hier immerhin um 204 Millionen Euro.

Dazu kommt, dass die Linz AG diese Aktien fremdfinanziert gekauft hat. Deshalb können wir dieses Geld nicht an die Stadt überweisen, sondern wir müssen die Kredite begleichen, die dafür aufgenommen worden sind.

In den Gesprächen zwischen der Stadt und dem Land hat man sich auch darauf geeinigt, dieses Thema derzeit nicht zu behandeln. Wir bekommen Mitte November das Gutachten, wie viele diese Aktien noch wert sind. Wir hoffen sehr, dass sie nicht an Wert verlieren. Eine Euro-Abwertung würde uns zehn Millionen Euro kosten.

Landeshauptmann Josef Pühringer hat beim ÖVP-Landesparteitag seinen Vorschlag erneuert, die Linz Strom mit der Energie AG zu fusionieren, denn durch die Einsparungen im Management könnte der Strompreis für die Konsumenten billiger werden.

Wir haben in der Energie-Branche schwierige Zeiten, in denen man schnelle, wendige Unternehmen benötigt. Es ist der falsche Weg, in Oberösterreich ein Monopol zu schaffen. In der Krise fusioniert man nicht und legt nicht alle Eier in ein Nest. Wenn beim Monopolisten etwas passiert, haben wir keine Energieversorgung mehr.

Die Linz-AG-Kunden haben zudem einen um 22 Prozent niedrigeren Netztarif als die Kunden der Energie AG. Wenn wir fusionieren, ergibt das einen Mischtarif. Das heißt, es würde für Kunden der Linz AG teurer und nicht billiger. Gibt es im gemeinsamen Netz Synergien, weil zum Beispiel die Instandhaltung möglicherweise billiger würde, würde das sofort der Regulator kassieren. Er setzt die Stromnetztarife sofort runter. Die Unternehmen profitieren aus dieser Maßnahme nichts, die Linz-AG-Kunden verlieren.

Pühringer argumentiert, dass durch die Synergien der Strom billiger würde.

Im Netz würde der Strom teurer. In der Produktion hat die Linz AG auf die Kraft-Wärme-Kopplung gesetzt. Unsere drei Gaskraftwerke haben einen Wirkungsgrad von über 80 Prozent, weil wir Strom und Wärme erzeugen.

Die Energie AG hat ein Gaskraftwerk in Timelkam, das für zwei Jahre stillgelegt wurde und hohe Verluste macht. Daraus folgt, dass der Nutzen nicht bei den Kunden der Linz AG liegt, sondern woanders. Bei den Wasserkraftwerken ist hingegen die Energie AG führend. Der dritte Punkt neben der Produktion und dem Netz ist der Vertrieb, wo wir in der Enamo sowieso schon zusammenarbeiten.

Die Linz AG setzt sich aus fünf Tochtergesellschaften zusammen. Was würde sich hier ändern?

Wenn die Energie AG in die Linz AG reinkommt, funktioniert unsere Konstruktion nicht mehr. Wir bestehen aus fünf Gesellschaften, die durch Gewinnabführungs- und Verlustabdeckungsverträge verbunden sind und für die wir nur eine Verwaltung haben. Es gilt hier der steuerliche Querverbund. Wir können Verluste aus dem Verkehr durch Gewinne aus Energie und Service ausgleichen. Wenn nur ein Prozent Privatbeteiligung hereinkommt, geht der steuerliche Querverbund verloren. Die Gewinne aus dem Energie-Bereich dürften nicht mehr für die Verluste im Verkehr verwendet werden. Die Verluste aus dem öffentlichen Verkehr müsste dann das Land Oberösterreich tragen.

In Wahrheit will man durch die Fusion die gute Situation der Linz AG ausnützen. Wir machen mit unserer Abfallpolitik Gewinne. die Energie AG hat hier mehrere Hundert Millionen im Ausland verloren. Wer zahlt das? Es ist für unsere Kunden ein massiver Nachteil, wenn die Gewinne nicht mehr zu ihnen gehen, sondern zur Energie AG.

Wo sind die Einsparpotenziale in der Linz AG?

Wir sind sehr schlank aufgestellt, deshalb gibt es kein Restrukturierungsprogramm. Wir verfolgen eine Offensivstrategie und wollen am Markt Kunden gewinnen. Wir wollen mit unseren sehr, sehr guten Dienstleistungen wachsen. Wir liefern zum Beispiel pro Tag 62 Millionen Liter Wasser. Wir haben Europas bestes Wasser, das aus fünf Wasserwerken kommt. Wir bauen die Wasserversorgung und das Kanalwesen aus.

Wir wollen bei der Energiemobilität und -effizienz stark zulegen. Und den öffentlichen Verkehr mit der zweiten Linzer Schienenachse ausbauen.

Die Stadt Linz benötigt Geld. Was kann die Linz AG zur Sanierung beitragen?

Die Stadt Linz ist der Eigentümer der Linz AG. Unsere Dienstleistungen sind für die Bürger in und um Linz. Unsere Dividenden gehen an die Stadt und damit an die Bürger.

Was schütten Sie an Linz aus?

Wir erbringen viele Dienstleistungen. Dadurch, dass wir vorsteuerabzugsfähig sind, erspart sich Linz 20 Prozent Mehrwertsteuer. Würde man den öffentlichen Verkehr nicht bei uns, sondern woanders bestellten, würde er nicht 90 Millionen Euro kosten, sondern 108. In Oberösterreich fahren mit dem öffentlichen Verkehr 168 Millionen Fahrgäste. Davon 107 Millionen mit der Linz AG. Wir sind der mit Abstand größte Verkehrsanbieter.

Was hat die Stadt von uns? Wir übernehmen für die Stadt das Defizit im öffentlichen Verkehr von 25 bis 30 Millionen. Wir decken die Bäder kosten von fünf Millionen Euro ab. Wir zahlen an die Stadt eine Gebrauchtsabgabe für Leitungen im öffentlichen Gut von acht bis neun Millionen Euro. Wir unterstützen die Kultureinrichtungen mit drei Millionen Euro. Und wir schütten eine Dividende von 15 Millionen aus. Das sind in Summe rund 57 Millionen Euro.

Bürgermeister Klaus Luger wird sagen, das muss mehr werden.

Luger lässt uns den Freiraum zum Wirtschaften. Die Linz AG hat sich unter Dobusch-Froschauer sehr gut entwickelt und ist ein tolles Unternehmen. Wichtig ist für ihn, dass wir bei wichtigen Projekten einen Beitrag leisten. Das ist im Sinne von Vor- und Mitfinanzierungen zu verstehen.

Er will uns nicht ausbeuten oder verkaufen, sondern langfristig und strukturell als Partner haben. Er möchte die Daseinsvorsorge für Linz langfristig absichern.

Sie haben in Ihrer neuen Funktion mit Ihren alten Gegnern Josef Pühringer und Franz Hiesl wieder zu tun. Wie geht es Ihnen dabei?

Gut.

Gibt es keine Animositäten mehr?

Nein. Die Dinge sind geklärt. 2003 war ich der Sieger, 2009 Dr. Pühringer. Nachdem nur die letzte Wahl zählt und nicht die elf Wahlen vorher, ist der Umgang sehr korrekt. Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass der Landeshauptmann bei der Verabschiedung meines Vorgängers Alois Froschauer zu uns ins Haus gekommen ist. Er hat ihm das Ehrenzeichen überreicht und eine sehr schöne Festrede sowohl für Froschauer als auch für das Unternehmen gehalten. Es ist ein sehr korrektes Verhältnis.

Es gibt keine Konfrontation mehr, sondern Zusammenarbeit?

Wir versuchen es. Wir wollen dort, wo es geht, mit dem Land und der Energie AG zusammenarbeiten, aber nicht fusionieren.

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