"Die Einstellung bringt den Erfolg"

Enzenhofer ist seit 15 Jahren im Amt
Der Landesschulratspräsident Fritz Enzenhofer über das gute Abschneiden der oberösterreichischen Schüler.

Fritz Enzenhofer feierte kürzlich seinen 60. Geburtstag. Seit 15 Jahren ist der Trauner Präsident des Landesschulrates.

KURIER: Sie sind nun seit 15 Jahren Präsident des Landesschulrates, das ist ein Viertel Ihres Lebens. Was ist Ihr Resumme?

Fritz Enzenhofer: Eine spannende und aufregende Zeit. Ich bin verantwortlich für 20.000 Lehrer an rund 1000 Schulen. Es gibt nichts, was es nicht gibt. Ganz Tolle, aber auch ganz schreckliche Dinge. Man kann in der Funktion sehr viel gestalten. Wir haben zum Beispiel die HTL gegründet. Wir haben Lehre mit Matura eingeführt. Oberösterreich hat bei allen Tests und auch bei der Zentralmatura sehr gut abgeschnitten.

Wir haben eine sehr effiziente Verwaltung. Durch den Landesschulrat gehen 1,4 Milliarden Euro. Das sind Gehälter, Bundesschulbauten etc. Wir haben rund 200 Mitarbeiter.

Oberösterreichs Maturanten haben von allen Bundesländern am Besten abgeschnitten. Auch bei anderen Tests schneiden die oberösterreichischen Schüler gut ab. Worauf ist das zurückzuführen?

Ich glaube, dass es eine Einstellungsfrage ist. Egal, wo man hinkommt, heißt es, ihr in Oberösterreich! Wir haben viel in die Begabtenförderung investiert.

Nehmen die Schüler die Schule ernster, ist der Leistungsgedanke stärker?

Der Leistungsgedanke ist in Summe in Oberösterreich größer. Zu mir hat einmal jemand gesagt, ihr seid die Preußen Österreichs. Für uns ist Leistung ein positiver Begriff.

Es wird auf Bundesebene ständig von Bildungsreform geredet, aber es gibt kaum Fortschritt. Die Sache dreht sich im Kreis. Ein Beispiel ist die Neue Mittelschule.

Schule ist keine Frage der Organisation, sondern eine Frage der Einstellung, des Zugangs. Ein bekannter Schuldirektor hat kürzlich zu mir gemeint, wenn ein Lehrer konsequent bei seiner Meinung bleibt, ist er mindestens zwei bis drei Mal in seinem Leben modern. Es wiederholt sich alles. Den pädagogischen Stein der Weisen hat noch kein Mensch gefunden.

Es ist am leichtesten, üb er die Organisation zu reden. Aber sie macht nicht die Schule aus. Viele verwechseln Schulreform mit Schulorganisation und Schulverwaltung.

Scheitert es an den Pädagogen?

Ich glaube nicht, dass die Pädagogen in Oberösterreich gescheiter sind als andere. Ich glaube auch nicht, dass das bei den Kindern der Fall ist. Es geht um Einstellungen und Haltungen. Auch den Schülern und Lehrern gegenüber. Wenn man die Schüler und Lehrer motiviert, bekommt man entsprechende Resultate.

Sie sind auch Vorsitzender des Christlichen Lehrervereins CLV, dem 13.500 Mitglieder angehören. Ihnen bzw. der Gewerkschaft wird vorgeworfen, jegliche Reformen im Schulbereich zu blockieren.

Der CLV wird immer größer. Das spricht für ihn und nicht gegen ihn. Die gewerkschaftliche Arbeit ist ein Teil. Aber wir haben genau so die pädagogische Ebene. Das macht auch den Erfolg des CLV aus.

Eines hat sich schon gezeigt. Es kann nicht funktionieren, etwas gegen die Gewerkschaft, sprich etwas gegen die eigenen Bediensteten zu tun. Wer Menschen führen will, muss hinter ihnen stehen.

Damit trifft der Spruch der Gewerkschaft zu, der lautet, alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will.

Man kann Schule nicht ohne die Lehrer gestalten, das geht nicht. Man kann nicht einen Betrieb gegen die 20.000 Mitarbeiter führen.

Bei der Feier zu Ihrem 60. Geburtstag hat Ihr Vorgänger Johannes Riedl gemeint, Sie seien ein wildes Pferd gewesen, das Zähmung brauchte. Gezähmt habe Sie Barbara Pühringer.

Unter anderem.

Wer noch?

Man lernt jeden Tag dazu. Man sieht so viele Schicksale, positive wie negative. Man wird einsichtiger. Ich hoffe, dass ich an Hirn gewonnen habe. Es sind Persönlichkeiten, die einen prägen. Die Familie, Freunde. Mich hat sicher Barbara Pühringer kultiviert, dass aus dem jungen Rawuzel mit Vollbart und langen Haaren ein halbwegs seriöser Mensch geworden ist, der versteht, auf andere Meinungen einzugehen und der eine menschliche Breite bekommen hat.

Es haben mich auch andere Menschen geprägt, ohne dass sie direkt Einfluss genommen haben. Zum Beispiel Landeshauptmannstellvertreter Karl-Albert Eckmayr. Er war mir immer ein Vorbild.

Was haben Sie für die nächsten fünf Jahr vor?

Ich möchte die Einigkeit, die die Präsidenten untereinander haben, fortsetzen. Wir versuchen in informellen Treffen, bei der auch die Gewerkschafter und Personalvertreter dabei sind, eine halbwegs vernünftige gemeinsame Linie zu finden. Ein Ziel wäre, dass man wirklich über Schulpolitik spricht und nicht über Tagespolitik. Richtige Schulpolitik wird seit langer Zeit nicht mehr gemacht.

Was sollte man realisieren?

Weg von der Organisation, weg vom reinen Mechanistischen hin zu Begabten-und Leistungsförderung, Förderung der Schwachen, Integration. Bildungspolitik ist immer Gesellschaftspolitik. Es ist ein Fehler zu glauben, Bildungspolitik funktioniert in sich. Die Muslime machen zum Beispiel eine ganz klare Bildungspolitik. Sie setzen sie gezielt ein in Richtung Umsetzung ihrer ideologischen Vorstellungen. Wenn eine Gesellschaft keine Perspektiven mehr hat, hat auch die Bildungspolitik keine Perspektiven mehr. Da fällt alles multikulti auseinander. Wir brauchen eine gesellschaftspolitische Diskussion, welche Ziele wir haben, wo wir hin wollen. Umgekehrt gestaltet Bildung auch die Gesellschaft. Ein Beispiel ist der Umgang mit Menschen mit Behinderung. Da hat die Schule die Gesellschaft geprägt.

Was schaut die Politik des CLV aus?

Dass Schule und Bildung mehr sind als nur Wissensvermittlung. Sie ist auch Wertevermittlung. Das Thema Erziehung ist dem CLV auch wichtig, weil wir sagen, Konsequenzen sind wichtig. Positive wie negative. Schule ist nicht dazu da, dass in den nächsten zehn Jahren alle in gleiche Richtung laufen. Eine gute Bildungspolitik hat sicherlich eine Breite. Das heißt aber nicht, dass wir nach allen Seiten offen sind.

Bildungslandesrätin Doris Hummer hat vor der Landtagswahl die Einführung einer Bildungsdirektion gefordert, die ihre Behörde, den Landesschulrat, ablösen soll. Ist sie schon wieder Vergangenheit?

Das ist in den verschiedenen Ländern unterschiedlich organisiert. Das Phänomen an der Diskussion ist, dass alle, die sich nicht auskennen, sagen, dass das schlecht ist. Die 20.000 Lehrerinnen und Lehrer brauchen eine Struktur, eine Organisation. Der Landesschulrat bildet in sich eine abgeschlossene Einheit. Er ist für den gesamten Schulbereich zuständig, von den Pflichtschullehrern bis zu den AHS-Professoren. Alles ist in einem Gefüge, aber nicht der Tagespolitik unterworfen. Wir sind zwar politisch, aber nicht in der Tagespolitik. Das ist ein wesentlicher Punkt. Das ist ein großer Vorteil. Wir haben eine relativ große Autonomie. So wie Universitäten autonom sind, sollte man den Bildungsbereich aus dem politischen Tagesablauf herausnehmen. Wir halten uns zum Beispiel an die Objektivierung bei den Postenbesetzungen.

Der stellvertretende Landesschulratspräsident wurde abgeschafft.

Er wurde nicht abgeschafft, aber die Freiheitlichen verzichten momentan darauf, einen zu bestellen.

Halten Sie das für einen Fehler?

Ja. Ich kann der FPÖ nur dringend empfehlen, ihn anzunehmen. Sie bekommen eine viel authentischere Beziehung zum alltäglichen Schulgeschehen. Außerdem braucht Macht Kontrolle. Der Vize schaut dem Präsidenten auf die Finger. Nämlich täglich und nicht probenartig. Das halte ich für richtig.

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