Arzt leugnete den Holocaust: Ein Jahr bedingt

Vor Gericht war K. vorsichtiger: „Galilei hat auch widerrufen müssen“.
Mauthausen: 71-Jähriger schrieb Gemeinderat. Vor Gericht schwächte K. seine kruden Ansichten ab.

Es war ein Danaergeschenk, das Josef K. 2010 mit dem Buch "Die falsche Rolle mit Deutschland" gemacht wurde. Die geschichtsrevisionistischen Verschwörungstheorien des Autors Josef Kofler dürften bei dem 71-jährigen Wahlarzt sofort auf fruchtbaren Boden gefallen sein. Laut Staatsanwalt Alfred Schaumüller fühlte K. sich nach der Lektüre bemüßigt, den Holocaust zu hinterfragen, sich über die deutsche Kriegsschuld Gedanken zu machen und seine neu gewonnen Ansichten unters Volk zu bringen: "Er hat den Buchautor kontaktiert und sich 40 Exemplare schicken lassen, die er bis 2013 an Bekannte und Patienten weitergegeben hat."

Judenverschwörung

Auch Thomas Punkenhofer, SPÖ-Bürgermeister von Mauthausen, wurde mit dem Machwerk "beglückt". Zuvor soll K. ihm seine Zweifel an der deutschen Kriegsschuld und am Holocaust mitgeteilt und das offizielle Geschichtsbild als Folge einer Verschwörung des Weltjudentums dargestellt haben. Punkenhofer, der auch Guide in der KZ Gedenkstätte ist, brach die Diskussion ab. Bei einem neuen Gesprächstermin Ende 2012 sagte der Ortschef dem Wahlarzt gehörig die Meinung und gab ihm das Buch zurück.

Auch zu Harald Hutterer, dem Leiter der KZ-Gedenkstätte, soll K. Kontakt gesucht und dabei angezweifelt haben, dass in Mauthausen Menschen vergast wurden.

Am 26. April 2013 schickte K. ein Schreiben an die Verwaltung der KZ-Gedenkstätte und den Gemeinderat, in dem er den NS-Völkermord leugnete. Er behauptete unter anderem, es habe gar keine Gaskammern gegeben – denn davon habe er sich mit eigenen Augen überzeugt.

Der Holocaust müsse eine Lüge der "khasarischen, zionistischen Banksterbande" sein, die in Israel und im arabischen Frühling noch immer ihr Unwesen treibe. Sie trage auch die Schuld am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, Hitler und Deutschland seien nicht verantworlich. Die "Kriegsschuldlüge" und die "Holocaustkeule" würden als Vorwand dienen, unter dem die Deutschen bis zum Sankt Nimmerleinstag ausgebeutet werden sollten.

Vor Gericht schwächte K. seine kruden Ansichten ab und behauptete, nur Fragen gestellt zu haben. Allerdings fielen auch Sätze wie "was ich denke, werde ich nicht sagen" oder "Gallilei hat auch widerrufen müssen, um nicht auf dem Scheiterhaufen zu landen". Die Geschworenen sprachen ihn einstimmig der Holocaustleugnung schuldig. Das Urteil: Ein Jahr bedingt – nicht rechtskräftig.

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