"Weiß nicht, wo die Grenze ist"

Glücksgefühl nach einem gelungenen Tauchgang: Seit sieben Jahren taucht Helm ohne Sauerstoffgerät
Frei-Taucher Markus Helm über Strapazen, das Risiko und magische Tiefenmarken.

Er kann mehr als fünf Minuten lang die Luft anhalten und knapp 100 Meter tief tauchen – ganz ohne Sauerstoffgerät. Apnoe-Taucher Markus Helm,31, aus Neuhofen an der Ybbs in Niederösterreich , lotet bei dieser extremen Sportart die eigenen Grenzen aus. Der österreichische Meister schwimmt dorthin, wo das Wasser so richtig kalt ist.

KURIER: Herr Helm, Österreich wird von einer Hitzewelle überrollt. Freibäder und Seen werden gestürmt. Kommen Sie überhaupt noch zum ganz entspannten Schwimmen?

Markus Helm: Natürlich. Ich gehe sehr oft schwimmen, am liebsten im See. Schwimmen gehört zu den gesündesten Sportarten überhaupt. Es mobilisiert den ganzen Körper.

Wie sind Sie eigentlich zum Apnoe-Tauchen gekommen?

Früher bin ich noch mit einer Pressluftflasche getaucht. Doch dann habe ich Herbert Nitsch, den Apnoe-Weltmeister getroffen. Er hat mich inspiriert und ich bin voll reingekippt in das Ganze.

Wie fühlt es sich eigentlich an, ohne Flossen 60 Meter tief zu tauchen?

In einem See ist das total krass, weil die Bedingungen so extrem sind. Es ist einfach saukalt da unten. Selbst wenn man einen Neoprenanzug trägt, spürt man die Kälte. Am Starnberger See ist die Temperatur von 22 auf fünf Grad abgefallen.

Wie schafft man das mental?

Ich muss alles rund um mich wegschalten. Ich darf mich nur auf mich selbst und den Druckausgleich konzentrieren. Ich schließe beim Tauchen zum Beispiel auch die Augen, damit ich nicht mitbekomme, wie finster es da unten ist.

Wie lange mussten Sie Ihren Körper eigentlich trainieren, bis er für diese Strapazen bereit war?

Vor sieben Jahren habe ich mit dem Freitauchen begonnen, war mit Begeisterung dabei. Der Körper gewöhnt sich dann an die Belastung. Mindestens genauso wichtig ist es aber, geistig dafür fit zu sein und abschalten zu können.

Sie sind ja ständig auf der Jagd nach neuen Bestleistungen, wollen immer tiefer tauchen. Wie weit kann es gehen?

Bei mir ist die Grenze der Druckausgleich. Bis jetzt hatte ich beim Tieftauchen mit der Distanz noch keine Probleme. Bei der Weltmeisterschaft werde ich erstmals an meine Grenzen gehen. Ich will auf jeden Fall die hundert Meter mit Flossen knacken. 96 Meter habe ich schon geschafft.

Spielt das Alter eine Rolle?

Ich glaube, dass das ein Sport ist, den man fast ewig ausüben kann. Die Weltmeisterin ist über 50 und stellt noch immer Rekorde auf. Die Grenzen verschieben sich mehr durch die Erfahrung. Ich habe mir auch schon oft gedacht: Jetzt stehe ich an. Ein Jahr später habe ich mich verbessert. Das fasziniert mich am Apnoe-Tauchen. Ich weiß nicht, wo die Grenze ist. Aber ich werde es herausfinden. Irgendwann.

Wie gefährlich ist das Frei-Tauchen? Hat man sich selbst so gut im Griff, um das Risiko zu minimieren?

Es ist auf alle Fälle nicht so gefährlich wie es scheint. Bei den Wettkämpfen sind die Sicherheitsvorkehrungen enorm. Es sind immer drei bis vier Taucher, die einen unter Beobachtung haben. In den vergangenen 20 Jahren hat es bei den Bewerben erst einen tödlichen Unfall gegeben. Die häufigsten Verletzungen erleiden Taucher durch den hohen Druck in der Luftröhre oder in den Ohren. Hektisches Bewegen oder festes Ziehen mit den Händen am Seil, während sich die Lunge auf ein Zehntel des Volumens zusammengedrückt ist, sind absolut zu vermeiden. Ehrlich gesagt, beim Mountainbike fahren hab ich viel mehr Angst mich schwer zu verletzen.

Ihre nächsten Ziele?

Bei der Weltmeisterschaft auf Sardinien (Italien) im September will ich aufs Podest kommen. Ein großes Ziel wäre für mich auch, die 106 Meter zu schaffen. Das ist eine Zahl, die ich mir in den Kopf gesetzt habe. Ob ich diese Tiefe tatsächlich erreichen kann, werden wir sehen. Ich trainiere hart dafür.

Kommentare