Waldviertel-Autobahn: Vision oder Schreckgespenst?

Waldviertel-Autobahn: Vision oder Schreckgespenst?
Die Idee taucht immer wieder auf: Verkehrs- und Raumplaner halten nichts davon.

Ähnlich dem Ungeheuer von Loch Ness erhebt sich der Ruf nach einer Autobahn durch das Waldviertel seit Jahren traditionell im Sommer. Initiatoren der Forderung stützen sich vor allem auf das Argument, mit einer hochrangigen Straßenverbindung wären alle Strukturprobleme von Niederösterreichs nordwestlichem Landesviertel zu lösen. Nun hat der KURIER ein Planungsbüro gebeten, seine Vorstellung einer Waldviertel-Autobahn zu Papier zu bringen. Das Ergebnis ist keine Planungsgrundlage. Die Computer-Animation holt aber das träumerische Ideal vom Highway des Nordens rasch auf den Boden der Realität.

Die etwa 190 Kilometer lange Autobahn würde nach derzeitigen Schätzungen rund fünf Milliarden Euro kosten. Der Flächenbedarf der Straße läge bei 2000 Hektar. Was den Nutzen der Autobahn betrifft, sind Verkehrs- und Raumplaner aber mehr als skeptisch.

"Blödsinn"

Waldviertel-Autobahn: Vision oder Schreckgespenst?
APA1723647-2 - 11012010 - WIEN - ÖSTERREICH: Verkehrsplaner Hermann Knoflacher, am Montag, 11. Jänner 2010, während eines Interviews anl."City-Maut"mit der Austria Presse Agentur (APA) in Wien. APA-FOTO: HERBERT PFARRHOFER
"Ein Blödsinn bleibt ein Blödsinn."Verkehrsexperte Hermann Knoflacherverfolgt die Debatte um die Autobahn seit Jahren. "Wenn man das Waldviertel massiv schädigen will, dann muss man sie bauen." Seiner Meinung nach, würde die hochrangige Straße nur dazu beitragen, das Waldviertel weiter "ausrinnen" zu lassen: Die Region würde in Richtung der Zentren entleert. Lokale Betriebe und Arbeitsplätze würden minderwertigen Konzern-Jobs entlang der Autobahn weichen. Knoflacher: "Und dass Autobahnen nicht zuletzt auch Kriminalität bringen, können wir ja seit einigen Jahren gut verfolgen."
Waldviertel-Autobahn: Vision oder Schreckgespenst?
APAHEF07 - 15112007 - WIEN - OESTERREICH: ZU APA-TEXT II - Heinz Fassmann waehrend einer PK der Kommission fuer Migrations- und Integrationsforschung der Akademie der Wissenschaften am Donnerstag, 15. November 2007, im Presseclub Concordia in Wien. APA-FOTO: HELMUT FOHRINGER
"Grundsätzlich sind bessere Verkehrsanbindungen für ländliche Räume existenziell wichtig", sagtRaumforscher Heinz Faßmann, Vizerektor der Uni Wien. "Im Fall des Waldviertels bin ich aber skeptisch. Es besitzt selbst keine nennenswerten urbanen Zentren, von denen das wirtschaftliche Wachstum ausgehen könnte. Krems liegt am Rande, ein städtisches Gegenüber in Tschechien ist auch nicht vorhanden. Und Wien liegt zu weit weg, auch nach der Errichtung einer hochrangigen Straße."

Nicht unerwähnt bleiben soll auch die Strategie des Landes, das das Waldviertel zuletzt mehr und mehr zur Gesundheits- und Erholungstourismusregion erhoben hat. Jetzt eine wuchtige Transitroute in die Landschaft zu legen, würde diesen Plan konterkarieren. Wie auch immer die verkehrstechnische Zukunft des Waldviertels aussieht, eine Autobahn ist in den nächsten Jahren nicht zu erwarten.

Thomas Grünstäudl, Planer beim Straßenerrichter Asfinag, weiß: "Ein Straßenneubau auf der grünen Wiese dauert von der Idee bis zum Zeitpunkt, dass dort Autos fahren, zwischen zehn und 15 Jahre." Pläne für eine Waldviertel-Autobahn sind der Asfinag nicht bekannt. Und die kommenden zehn Jahre sind mit anderen Projekten bestens ausgelastet.

Für Autobahn-Befürworter ist er ein rotes Tuch. Verkehrsplaner Hermann Knoflacher ist für seine provokante Haltung zu neuen Transitrouten bekannt. Man muss ihm ja nicht glauben, wenn er sagt, dass mit Autobahnen lokale Wirtschaftsstrukturen zerstört werden, und es im Ausgleich minderwertige Jobs und mehr Kriminalität gibt.

Liegt der Professor da ganz falsch? Nicht unbedingt. Autobahnen haben immer das Leben der Menschen verändert. Positiv wie negativ.

Ob die Waldviertler ihre Wohlfühloase gegen eine Transitroute tauschen wollen, diese Frage muss sich die Region zunächst selbst beantworten. Aus verkehrstechnischer Sicht ist sie unnötig. Oder wann haben Sie zuletzt vom Mega-Stau im Waldviertel gehört?

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