Verkrüppelte Reben schocken Winzer

Vielfach führt eine schadhafte Blüte zu solchen Erscheinungen
Pharma-Riese rät Weinbauern, ein neues, zertifiziertes Spritzmittel vorerst nicht zu verwenden.

Eine Wetterkapriole folgt der nächsten. Die Auswirkungen dieser Extreme spürt jetzt auch die Landwirtschaft.

Mysteriöse Veränderungen, nämlich verkrümmte Blätter und verklebte Blüten, beunruhigen derzeit Winzer im gesamten deutschsprachigen Raum. Auch in Österreich gab es in den vergangenen drei Wochen rund 80 Schadensmeldungen. Und täglich steigt die Zahl jener Winzer, die nun erhebliche Ernteausfälle befürchten müssen.

Die konkrete Ursache der Probleme, die auch aus Südtirol, der Schweiz und Deutschland gemeldet werden, ist noch nicht gefunden. Auffällig ist jedoch: Alle betroffenen Winzer haben vergangenes Jahr wegen des extrem feuchten Wetters erstmals ein neues Spritzmittel verwendet.

Die Pharmafirma Bayer untersucht derzeit, ob es einen Zusammenhang mit einem 2012 zugelassenen Spritzmittel, dem Fungizid "Luna Privilege" gibt. Das ist 2014 erstmals verstärkt zum Einsatz gekommen.

Konkrete Ergebnisse der internen Untersuchungen gibt es laut Firmensprecherin aber noch nicht. Das Unternehmen hat aber hat eine Hotline eingerichtet, bei der sich Winzer jetzt melden sollen, damit jeder einzelner Fall dokumentiert wird.

In Österreich sind die Weinbaugebiete Wachau, Krems, Kamp-, Traisental und Wagram betroffen. Einzelne Meldungen gibt es auch aus dem Weinviertel und der Thermenregion.

"Bei mir sind 80 Prozent geschädigt, genau die Flächen, die ich mit dem Mittel behandelt habe", erzählt ein Wachauer Winzer, der anonym bleiben will.

Andererseits hat die Weinbauschule Krems in Niederösterreich als zertifizierte Teststelle das Mittel fünf Jahre lang ohne die geringsten Auffälligkeiten getestet, erklärte Erhard Kührer, der Leiter des Rebschutzdienstes dem KURIER.

Nicht verwenden

"Winzer, denen etwas auffällt, können sich jetzt unter 01/711462835 melden. Die Untersuchungen laufen auf Hochtouren", sagt Bayer-Sprecherin Daniela Winnicki-Eisenhuth.

Sie bestätigt auch, dass ihre Firma derzeit rät, das Fungizid "Luna Privilege" nicht zu verwenden. Das Gerücht, die Firma würde bereits Winzern Schadenersatz anbieten, dementiert sie, da die Untersuchungen nicht abgeschlossen sind. Wie es aussieht, dürfte es sich auch nicht um eine Verunreinigung des Mittels bei der Herstellung handeln. Das sei nach ersten Überprüfungen von Proben weitgehend auszuschließen.

Viele Winzer haben ihre Rechtsanwälte aktiviert, bereiten Klagen vor. Teils kräftige Ernteausfälle scheinen fix zu sein. Das Ausmaß werde man aber erst später abschätzen können, meint Konrad Hackl, Geschäftsführer des nö. Landesweinbauverbandes. Möglicherweise gibt es viele Winzer, die die Schäden im Weingarten noch nicht bemerkt haben.

"Derzeit verhält sich die Pharmafirma korrekt. Entscheidend wird allerdings sein, ob bei Schadensfeststellung und -abgeltung alles abläuft, wie es gehört", stellt Hackl fest. Die Landwirtschaftskammer hat eine Erhebung gestartet. Sie sammelt derzeit alle entsprechenden Meldungen, um die Anzahl der Betroffenen und die möglichen Schäden so genau wie möglich abschätzen zu können.

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