Semmeringtunnel: Die wertlose Vereinbarung

Die Tunnel-Baustelle bei Gloggnitz
Anrainer verzichteten auf Einspruch und warten auf zugesagtes Tempolimit.

Lkw-Verkehr, Staub, Lärm: Mehr als zehn Jahre werden die Anrainer unter dem Bau des Semmering-Basistunnel leiden. Damit sie im Genehmigungsverfahren keine weiteren Einsprüche erheben, haben das Land Niederösterreich und die ÖBB der Bürgerinitiative BISS sowie der Stadtgemeinde Gloggnitz schon 2011 zahlreiche Zugeständnisse gemacht.

Weil die Abmachung jedoch nicht eingehalten wird, und man seit fünf Jahren auf der Hauptstraße zur Tunnelbaustelle immer noch auf Tempo 40 wartet, hat die BISS nun die Volksanwaltschaft eingeschaltet. "Wir fühlen uns von den Verantwortlichen verraten und verkauft", ist die Bürgerinitiative fuchsteufelswild.

Semmeringtunnel: Die wertlose Vereinbarung
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Mit Kosten von über drei Milliarden Euro ist der Semmering-Basistunnel das größte Bauprojekt Österreichs. Die Auswirkungen für die Bevölkerung sind rund um den Tunnelvortrieb auf niederösterreichischer Seite deutlich spürbar. "Für uns war damals klar, dass der Bau politisch entschieden ist. Es ging nur noch darum die Belastungen in Grenzen zu halten", erklärt Horst Reingruber von der BISS.

Für gewisse Zugeständnisse erklärte sich die Bürgerinitiative daher bereit, keine weiteren Einsprüche gegen den Tunnelbau vorzunehmen. Dafür wurde zwischen der BISS, der Stadtgemeinde Gloggnitz, dem Land NÖ und den ÖBB eine entsprechende schriftliche Vereinbarung getroffen. Das Papier beinhaltete Punkte, die beispielsweise den Baustellenverkehr regeln sollen. Es dürfen nur lärmarme Lkw eingesetzt werden, die Fahrten dürfen nur an Werktagen – und das zwischen 6 und 22 Uhr erfolgen.

Tempo 40

Darüber hinaus wurden der Initiative verkehrsberuhigende Maßnahmen entlang der Zufahrt zur Baustelle auf der Semmeringstraße schriftlich zugesagt. Auf dem Abschnitt fahren pro Jahr fast 2,6 Millionen Fahrzeuge. 135.700 davon sind Lkw. Von 2013 auf 2014 hat die Zahl der Sattelzüge um 4000 pro Jahr zugenommen. Gemäß der Vereinbarung wurde auf der Strecke Flüsterasphalt eingebaut. Die zugesagte Radaranlage kam erst nach Interventionen.

"Das Schlimmste ist aber, dass wir seit mittlerweile fünf Jahren auf Tempo 40 warten", erklärt Reingruber. Nach Gesprächen mit Landespolitikern und Beamten wurde der Bürgerinitiative empfohlen, die Umsetzung nochmals bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft (BH) in Neunkirchen zu beantragen. Dies geschah im Juli 2015. Der Brief- und Mailverkehr zwischen der BISS, der BH sowie dem Büro von Landeshauptmann Erwin Pröll kann sich sehen lassen. Mangelnde Beharrlichkeit kann man Reingruber und den Anrainern nicht vorwerfen.

Auf Anfrage des KURIER heißt es: "Die BH als Verkehrsbehörde hat im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Erlassung von verkehrsbeschränkenden Maßnahmen vorliegen". Ein Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass dies nicht der Fall ist, sagt BH-Vize Martin Hallbauer. Ob damit die Vereinbarung aus dem Jahr 2011 erfüllt werde oder nicht, müsse seitens der Vertragspartner beurteilt werden, schiebt die BH den Ball dem Land NÖ zu.

In St. Pölten verweist man darauf, dass die getroffene Vereinbarung von 2011 natürlich rechtlich nicht bindend sein kann. Reingruber will sich das nicht gefallen lassen: "Schon damals hat es geheißen: Wenn das Land etwas anschafft, dann wird das gefälligst auch umgesetzt. Was ist jetzt mit den Politikerversprechen?"

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