Schnappschuss mit dem Christkind

Die Packerln mit Spielzeug brachten die Kinderaugen zum Leuchten.
Kinder feierten Weihnachten im Flüchtlingslager. Die Zahl der Asylwerber in Traiskirchen ist weiter hoch.

Es ist recht ruhig an diesem Mittwochnachmittag in Traiskirchen. Vielleicht liegt es an der Kälte. Es sind jedenfalls kaum Asylwerber, die im Flüchtlingslager Zuflucht gefunden haben, auf den Straßen zu sehen. Auf dem Gelände des Lagers gehen vereinzelt Personen spazieren, ein Elternpaar schiebt einen Kinderwagen durch die feucht-kalte Szenerie.

Im großen Speisesaal der Betreuungsstelle, den mehr als 100 Kinder aller Welt und deren Angehörige füllen, brodelt es gegen 14 Uhr hingegen. Leuchten in den Kinderaugen. Große Erwartung. Das "Kinderfest zu Weihnachten" wurde gestern gefeiert.

250 Kinder

Weihnachtskekse, besinnliche Stimmung und Adventlieder verbindet man sonst kaum mit dem Flüchtlingslager, das vor wenigen Wochen mehr als 1700 Menschen beherbergte. Gestern waren laut Innenministerium 1559 Asylwerber – darunter 250 Kinder – in Traiskirchen gemeldet.

Mitarbeiter der privaten Betreuungsfirma ORS haben mit einigen Kindern Lieder und Gedichte einstudiert. "Das war diesmal gar nicht so einfach", sagt Franz Schabhüttl, Chef des Flüchtlingslagers, "weil die Leute nur mehr sehr kurz bei uns in Traiskirchen sind." Kinder, die seit kaum zwei Wochen in Österreich wohnen, tragen Gedichte auf Deutsch und in ihrer Heimatsprache vor. "Glocken sollen erschallen – Grüße von uns allen", rezitiert ein Bub aus Tschetschenien mit weit ausladender Geste.

Ehrengäste

Ganz still wird es im Saal, als eine ORS-Mitarbeiterin mit ihrer Querflöte das "Ave Maria" spielt. Dann aber sind die Kinder aus dem Häuschen. Christkind und Weihnachtsmann kommen auf Besuch. Berührungsängste herrschen keine. Fast alle Mädchen und Buben wollen sich zu den "Ehrengästen" setzen oder sie zumindest mit ihren Handys ablichten. Vor allem der in roten Stoff gehüllte bärtige Mann hat es den Kindern angetan.

"Die meisten Menschen, die bei uns sind, sind keine Christen", sagt Schabhüttl. "Aber das Kinderfest wird gut angenommen." Dann die Bescherung. Hunderte Packerln, die die Hilfsorganisation "Beamte helfen" mit Partnerfirmen organisiert hat und die Eltern, Kinder und Lehrer des Sportgymnasiums Maria Enzersdorf beigesteuert haben, warten in einem Nebenraum auf die Flüchtlingskinder. Ein Teddybär, Spielzeug, eine Puppe. Entzücken in den jungen Augen, die schon so vieles mitansehen mussten.

"Danke für das Fest, es ist wirklich eine große Freude, hier dabei sein zu dürfen", sagt eine Frau aus Russland, die mit ihrem Enkerl auf der Feier ist.

Menschen aus 51 Nationen wohnen derzeit in der Betreuungsstelle. Viele Menschen sind vor dem Syrien-Konflikt und dem IS-Terror geflüchtet.

Kein Chaos

Obwohl die vereinbarte Höchstzahl von 480 Asylwerbern in Traiskirchen weiterhin um mehr als 1000 Personen überschritten wird, ist gestern von Chaos und Gedränge – außer beim Sturm auf die Weihnachtspackerln – nichts zu bemerken. Ein Mitarbeiter merkt an: "Auch als wir 1700 Personen hier hatten, wären noch freie Räume zur Verfügung gestanden."

Keine Freunde macht sich das Innenministerium in der Steiermark. Landesrat Siegfried Schrittwieser (SPÖ) pocht auf die Zusage von Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) das „Haus am Semmering“ in Spital zu schließen, sobald das Land die Asyl-Quote erfüllt – was seit Dienstag der Fall ist. „Es muss aber gewährleistet sein, dass sie auch erfüllt wird, wenn wir das Haus schließen. Außerdem braucht es ein Konzept für die Nachnutzung“, meint Ressort-Sprecher Karl-Heinz Grundböck. Ersteres will man mit 500 zusätzlichen Plätzen in den kommenden drei Wochen erreichen, ein Nutzungskonzept als Bedingung will man in der Steiermark nicht akzeptieren. „Es gibt keine solche Vereinbarung. Weder mündlich noch schriftlich. Es gibt nur die Zusicherung der Ministerin vor den Medien und den Bürgern, dass das Haus geschlossen wird, sobald wir die Quote erfüllen“, so Schrittwieser.

Indes sucht das Ministerium Wege, die Badener Martinek-Kaserne kurzfristig für 900 Asylwerber zu bekommen – wenn’s sein muss auch gegen den Willen von Bürgermeister Kurt Staska (ÖVP). „Wir prüfen alle rechtlichen Möglichkeiten“, sagt Karl-Heinz Grundböck.

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