Schlepperprozess: Drei Jahre Haft für Bulgaren

Schlepper-Prozess: 54 Menschen waren in einem Kastenwagen eingepfercht. Symbolbild.
Zwei Flüchtlinge wurden wegen Sauerstoffmangels bewusstlos - Das Urteil ist rechtskräftig.

Drei Jahre unbedingte Freiheitsstrafe für die Schleusung von 54 Flüchtlingen in einem VW-Kastenwagen: So hat am Freitag das Urteil in einem Schlepperprozess in Korneuburg gelautet. Der Angeklagte, ein 51-jähriger Bulgare, nahm die Entscheidung des Schöffensenats ebenso an wie der Staatsanwalt. Somit ist Rechtskraft gegeben.

Staatsanwalt Lambert Schöfmann hatte in seinem Schlussvortrag auf die lebensbedrohlichen Umstände verwiesen: 24 Männer, zwölf Frauen und 18 Kinder waren auf acht Quadratmetern im Laderaum eines VW-Kastenwagens zusammengepfercht gewesen, zwei kollabierten infolge Sauerstoffmangels, eine Frau wurde durch Mund-zu-Mund-Beatmung gerettet. Die Zahl der Geschleusten zeige, dass die Versuche der Gewinnmaximierung der Schlepperorganisationen keine Grenzen mehr kennen.

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Auch wenn die Fahrer wie in diesem Fall nur kleine Rädchen seien, sah Schöfmann generalpräventive Gründe für das Strafausmaß: Nur eine entsprechend harte Bestrafung - bei einem Strafrahmen bis zu zehn Jahren - würde sich in Schlepperkreisen herumsprechen.

In der Urteilsbegründung bezeichnete Richter Helmut Neumar unter Hinweis auf den unvorstellbar qualvollen Zustand, dem die 54 Menschen ausgesetzt waren, die mehrfache Qualifizierung der Tat als erschwerend. Jeder erkenne, ob in ein Fahrzeug fünf Personen einsteigen oder Dutzende, betonte er. Die Reumütigkeit des Angeklagten sei dahin gestellt, ortete Neumar eher Selbstmitleid. Natürlich seien auch generalpräventive Gründe berücksichtigt worden, auch wenn das Strafausmaß "losgelöst von dem tragischen Geschehen" auf der A4 - wo am Donnerstag in einem Kühltransporter mehr als 70 Tote entdeckt worden waren - festgesetzt worden sei.

Aus Geldnot gehandelt

Der Angeklagte bekannte sich teilweise schuldig. Er habe in seiner Heimat einen Mann kennengelernt und von ihm den Auftrag für die Fahrt aus Geldnot angenommen, weil er keine Arbeit hatte und seine Frau ins Spital bringen musste, rechtfertigte sich der 51-Jährige via Dolmetscher. Erst als die Flüchtlinge einstiegen, habe er erfahren, worum es sich handelt, sagte er heute. Richter Helmut Neumar hielt ihm daraufhin sein Geständnis gegenüber der Polizei vor. Demnach habe er bei einem Treffen in einem Restaurant genau Bescheid erhalten, worauf er 500 Euro für die Fahrt verlangte. Er wurde in ein Waldstück dirigiert, wo die Flüchtlinge aufgenommen wurden. "Dass das illegal war, war Ihnen wohl klar", hakte der Richter nach.

Wie viele Menschen es waren, die da einstiegen, wusste der 51-Jährige nicht. Er sei äußerst aufgeregt gewesen, sein Herz habe heftig geschlagen, schilderte er die Erfüllung seines Auftrags.

"Ärger als ein Viehtransport"

Ob er denn nicht realisiert habe, dass die Menschen ohne Luftzufuhr auf acht Quadratmetern zusammengepfercht waren - "ärger als ein Viehtransport", polterte Neumar. Der Angeklagte habe "einen Rekord aufgestellt bei der Ausnutzung von Transportraum", sah der Richter keine Entschuldigung für diese unmenschlichen Bedingungen und verwies auf die aktuelle Tragödie an der A4. Bei der Fahrt des Bulgaren im Juli "war es nur ein Zufall, dass niemand gestorben ist", betonte Neumar.

Als der 51-Jährige während der Fahrt lautes Klopfen hörte, hielt er an - eine Frau war bewusstlos geworden, ihr Mann setzte sie in der Folge auf den Beifahrersitz. Der Angeklagte gab an, große Angst gehabt zu haben, weil ihr Zustand sei sehr kritisch war. Er habe damals beschlossen, nach Erledigung dieses Transports "nie mehr" zu fahren.

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