Polizei im Visier der Staatsanwälte

Polizei im Visier der Staatsanwälte
"Krone"-Foto mit toten Flüchtlingen sorgt für Ermittlungen bei der Polizei. Das ist kein Einzelfall.

Die Kronen Zeitung hat am Freitag ein Foto von der Flüchtlingstragödie auf der A4 veröffentlicht, auf dem zusammen gekauerte Leichen in dem Lkw zu sehen sind. Nun wird gegen Polizeibeamte ermittelt, wie die Zeitung zu dem Foto kommen konnte und welche Rolle Polizisten dabei spielten.

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Immer häufiger geraten Beamte im Zuge ihrer polizeilichen Tätigkeit selbst ins Visier der Staatsanwälte. Das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) führt im Auftrag diverser Staatsanwaltschaften am laufenden Band Ermittlungen in Polizeikreisen, zum Teil auch gegen Top-Beamte. Zu Verurteilungen kommt es allerdings nur in zehn Prozent der Fälle.

Ein Blick in die Statistik des BAK zeigt, dass schwer wiegende Vorwürfe wie Misshandlungen von Polizisten "nur" zehn bis fünfzehn Mal im Jahr in Österreich vorkommen. Am häufigsten wird wegen des Missbrauchs der Amtsgewalt gegen Beamte ermittelt – und hier immer häufiger gegen Polizisten wegen ihrer Kontakte zu Medien.

"Hier ist eine ganz klare Häufung zu erkennen. Ich vertrete sehr viele Polizisten und in 99 Prozent der Fälle wird das Verfahren auch wieder eingestellt", erklärt der Wiener Strafverteidiger Nikolaus Rast, der häufig von Polizeibeamten mit ihrer Verteidigung betraut wird.

Vierfachmörder

Seit dem Fall des Vierfachmörders von Annaberg wird die Medienarbeit der Polizei von Staatsanwälten mit Argusaugen verfolgt. Oft reicht nur der kleinste Verdacht eines Verstoßes und die Korruptionsjäger werden losgeschickt. Im Fall von Annaberg standen zahlreiche Spitzenbeamte – unter ihnen auch der Leiter des nö. Landeskriminalamtes, Brigadier Franz Polzer – im Visier der internen Ermittler. Konkret ging es darum, wer Fotos aus dem Bunker des Mörders an Zeitungen weitergegeben hatte. Polzer und andere Ermittler mussten sich in seitenlangen Berichten rechtfertigen. Übrig geblieben ist nichts.

In den Polizeibüros geht seither jedoch die Angst um. Weil die Korruptionsjäger im Auftrag der Staatsanwaltschaft auch vor Rufdaten-Rückerfassungen nicht zurück schrecken, werden heikle Telefonate tunlichst vermieden. "Gerade Journalisten gegenüber traut sich niemand mehr etwas zu sagen. Die Kontrolle ist enorm", so ein hochrangiger Beamter des Bundeskriminalamtes. Seinen Namen will er selbstverständlich nicht in der Zeitung lesen. "Sonst bin ich der nächste, der das BAK im Haus hat."

Bei den Verfahren, die gegen Polizisten geführt werden, sticht derzeit eine Behörde besonders heraus. Die Staatsanwaltschaft St. Pölten hat in den vergangenen Wochen gleich mehrere Male die BAK-Beamten auf die Reise geschickt. Zum Beispiel im Fall jenes 14-jährigen Dschihadisten, der plante, den Wiener Westbahnhof in die Luft zu sprengen. Die Staatsanwaltschaft hatte den Eindruck, dass zu viel Insiderwissen an die Öffentlichkeit gelangt ist. Ein Dutzend Polizisten musste zum Verhör. "Ich hatte zwei Mandanten. Und auch in diesem Fall wurde alles eingestellt", so Rast.

Terror

Auch nach einer Terrordrohung gegen die Exekutive in St. Pölten ist die Staatsanwaltschaft gegen leitende Beamte der nö. Landespolizeidirektion aktiv geworden. Sie sollen das Amtsgeheimnis verletzt haben weil bekannt wurde, dass es bereits kurz nach dem Drohschreiben einen Verdächtigen gab. Trotz eindeutiger Beweise wurde dies von der Staatsanwaltschaft bestritten.

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