Tankstellenräuber erlitt mehrere tödliche Treffer

Tankstellenräuber erlitt mehrere tödliche Treffer
Der Bursch hatte auf der Flucht Beamte mit einer Softgun bedroht. Obduktion ergab, dass mehrere Schüsse tödlich waren.

Ein blutiges Ende hat in der Nacht auf Freitag ein Raubüberfall auf eine Tankstelle in Wiener Neustadt genommen. Der Täter, ein 21 Jahre alter Mann aus Wr. Neustadt, wurde nach einer wilden Verfolgungsjagd von Polizeibeamten erschossen. Trotz rascher medizinischer Hilfe gab es für den Räuber keine Rettung mehr. Der Bursch hat "mehrere tödliche Treffer durch Polizeiprojektile" erlitten.

Das hat die Obduktion der Leiche des 21-Jährigen am Freitagabend ergeben, teilte Johann Baumschlager, Sprecher der Landespolizeidirektion NÖ, auf Anfrage mit. Blutuntersuchungen hinsichtlich eventuellen Alkohol- oder Suchtgiftkonsums stünden aus. Diesbezügliche Ergebnisse könnten am Montag vorliegen, so Baumschlager.

Alarmfahndung

Gegen 22 Uhr stürmte der maskierte und bewaffnete Mann eine Tankstelle in der Wiener Straße und forderte mit vorgehaltener Pistole das Geld aus der Kassenlade. "Er ist danach sofort geflüchtet. Die Bediensteten konnten die Polizei verständigen, worauf eine Alarmfahndung ausgelöst wurde", erklärt Polizeisprecher Johann Baumschlager. Ohne Beute war der Täter unterwegs, vom Fluchtfahrzeug - das der Mutter des Täters gehört - waren eine vage Beschreibung sowie Fragmente des Kennzeichens bekannt.

Als eine Polizeistreife den verdächtigen Wagen in Fahrtrichtung Neunkirchen entdeckte, nahmen die Beamten sofort die Verfolgung des mutmaßlichen Täters auf. Per Funk wurde Verstärkung angefordert, auch die Kollegen in Neunkirchen wurden über die Fluchtrichtung informiert. Der 21-Jährige stieg aufs Gas und versuchte den Polizeistreifen - letztlich waren es sechs aus den Bezirken Wiener Neustadt und Neunkirchen - mit Höllentempo zu entkommen.

Räuber in der Falle

Im Ortsgebiet von Neunkirchen erfolgte der erste Versuch, den Fluchtwagen mit quergestellten Fahrzeugen der Polizei anzuhalten. Dem Täter gelang es jedoch die Straßensperre zu durchbrechen. Er raste weiter in Richtung Stadtgebiet, wo es zu einem weiteren Anhalteversuch kam. Dieses Mal, um ca. 22.25 Uhr, saß der mutmaßliche Räuber in der Falle. Er war von drei Polizeistreifen eingekeilt und konnte weder vor noch zurück.

Obwohl die Lage aussichtslos erschien, blieb der 21-Jährige mit der Waffe in der Hand zunächst hinter dem Steuer sitzen. "Er ist dann ausgestiegen und hat mit der Waffe im Anschlag auf die Beamten gezielt", sagt Baumschlager.

Daraufhin gaben mehrere Polizisten Schüsse auf den Täter ab. Der junge Mann sackte von mehreren Projektilen getroffen zusammen. Obwohl der zur Hilfe gerufene Notarzt rasch zur Stelle war, gab es für den 21-Jährigen keine Rettung mehr - die Treffer waren letzten Endes tödlich.

Der Fluchtweg des Täters, von der Tankstelle in Wiener Neustadt über den ersten Anhalteversuch in der Neunkirchner Alle bis zur Erschießung in der Wienerstraße:

Laut den bisherigen Ermittlungen handelte es sich bei der Waffe, die der 21-Jährige in Händen hielt, um eine Softgun. Außerdem wurde in seinem Wagen unter dem Fahrersitz eine Gaspistole mit den dazu gehörigen Kartuschen sichergestellt. Auf dem Beifahrersitz befand sich ein Fixiermesser.

Für die Untersuchung des Vorfalles sowie den tödlichen Schusswaffengebrauch durch die Beamten hat die Generaldirektion für öfffentliche Sicherheit eine Kommission bestellt. Die Ermittlungen im Raubüberfall führt das LKA NÖ.

Der 21-Jährige war laut Baumschlager "ein Arbeiter und nicht vorbestraft".

Bilder vom Tatort:

Ein 21-Jähriger liegt tot auf der Straße. Er hat eine Tankstelle überfallen. Auf der Flucht wurde er von Polizisten gestellt. Anstatt sich zu ergeben, fuchtelte er mit einer Waffe herum und wurde erschossen.

Wie bei all diesen Fällen stellt sich zunächst die Frage nach dem Warum? Warum wird ein junger Mensch zum Räuber? Bekannte berichten, dass er aus geordneten Verhältnissen stammt und in einer Kleinstadt lebt. Warum musste er sterben, wenn er sich doch auch hätte ergeben können? Noch dazu, wo er nicht einmal eine tödliche Waffe in Händen hielt. Es war „nur“ eine Softgun, mit der er auf Polizisten zielte.

War es Suizid by Cop? Also wollte er angesichts der Aussichtslosigkeit sterben? Hätten die Polizisten nicht auch auf seine Füße zielen oder den Taser einsetzen können? Viele Fragen, auf die es jetzt gilt, die richtigen Antworten zu geben.

Wie auch immer sich der Fall entwickelt - die Justiz wäre gut beraten, diesen Fall nicht nach Monaten zu den Akten zu legen. So wie sie das diese Woche in Wien gemacht hat. Acht tödliche Polizeischüsse auf einen tobenden Wiener beurteilte der Staatsanwalt als Nothilfe. Der Fall landete damit nicht vor Gericht.

Dabei hätte sowohl der Freispruch durch einen Richter mehr Gewicht und auch restlos Klarheit geschaffen, sowohl für die Hinterbliebenen als auch für die Polizisten.

Der Schusswaffengebrauch ist für Polizisten immer eine Gratwanderung. Er gilt als letztes Mittel, Randalierer oder Gewalttäter zu stoppen. Nachfolgend eine Auflistung derartiger Einsätze mit tödlichem Ausgang. Häufig wurden die Beamten selbst durch Waffen bedroht.

7. Juni 2013: Ein tobender Mann attackiert in einem engen Stiegenhaus in Liesing acht Angehörige der Wiener Einsatzgruppe Alarmabteilung (WEGA) mit einem Messer. Vier der Polizisten geben insgesamt 20 Schüsse ab. Das Verfahren gegen die Beamten wird ein Jahr später eingestellt.

28. April 2010: Ein 84-jähriger Mann in Laakirchen (Bezirk Gmunden) bedroht in den Nachtstunden einen Zeitungsausträger, der in seiner Hauseinfahrt stehen bleibt, mit einer Pistole. Der Autofahrer flüchtet zur Polizei, die den Senior aufsucht. Nachdem der Mann sich auch nach einem Warnschuss weigert, die Pistole fallen zu lassen, eröffnen die Streifenbeamten das Feuer. Ein Schuss trifft den 84-Jährigen in die Brust.

31. Dezember 2009: Nach einem Überfall auf ein Wettcafe bei Graz wird der Räuber während der Verfolgungsjagd von zwei Projektilen in den Bauch getroffen. Der 38-Jährige durchbricht mit seinem Pkw zuvor mehrere Polizeisperren, in Weitendorf stoppt ein Schuss in den Reifen seine Weiterfahrt. Der Mann steigt aus und eröffnet das Feuer - zwei Polizisten geben daraufhin vier Schüsse ab. Im Nachhinein stellt sich heraus, dass der 38-Jährige nur mit einer Gaspistole bewaffnet war. Der Verletzte stirbt im Spital an inneren Blutungen.

22. November 2009: Ein Polizist tötet in einer Notwehrsituation einen Lebensmüden in Wien-Favoriten. Der 31-Jährige hat eine täuschend echt aussehende Gaspistole auf den Beamten gerichtet, dieser schießt und trifft den Mann zweimal.

5. August 2009: Bei einem Einbruch in einen Merkur-Markt in Krems a.d. Donau wird ein 14-jähriger Jugendlicher von der Polizei erschossen, sein zum damaligen Zeitpunkt 16-jähriger Komplize schwer verletzt. In der Folge wird über die Rechtmäßigkeit des Schusswaffengebrauchs heftig diskutiert. Ein Beamter wird rechtskräftig zu acht Monaten bedingter Haft wegen fahrlässiger Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen verurteilt.

8. August 2008: Ein Polizist erschießt gegen 4.00 Uhr in Wetzelsdorf (Bezirk Korneuburg) einen Motorraddieb. Der 46-Jährige wollte bei einem Anhalteversuch davonrasen.

19. April 2008: Auf einem Parkplatz der Wiener Außenring-Schnellstraße (S1) in Schwechat kommt bei einem Schusswechsel ein als Polizist getarnter Rumäne durch das Projektil einer Dienstwaffe eines Beamten in Zivil ums Leben. Laut Polizei war der Flüchtende, der gemeinsam mit zwei Komplizen mehrere Überfälle begangen haben soll, auf die Beamten losgefahren. Die Anklagebehörde kommt zu dem Schluss, dass die Schussabgabe durch die Polizisten gerechtfertigt war.

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