Pfefferspray-Attacke auf Flüchtlinge

Nach den Strapazen der Flucht erwartete die Familie in Payerbach eine böse Überraschung. Norbert Mang (li.) ist über den Vorfall schockiert .
Angreifer schreckte auch vor Kindern nicht zurück. In Salzburg gingen Bettler auf Asylwerber los.

Mit der Zahl der Flüchtlinge steigen in Österreich auch die gewaltvollen Übergriffe gegen Asylwerber. Neben jenen, die Flüchtlingen eine Unterkunft geben oder einfach nur helfen wollen, gibt es auch eine Bevölkerungsschicht, die sich klar gegen die Einwanderung ausspricht. Einen solchen Hintergrund vermutet das Landesamt für Verfassungsschutz bei jener Pfefferspray-Attacke, die sich Donnerstagabend im Bezirk Neunkirchen (NÖ) ereignet hat. Mehrere afghanische Asylwerber und ein Pfarrgemeinderat, der die Flüchtlinge betreut, wurden in Payerbach von einem unbekannten Mann ohne ersichtlichen Grund mit Reizgas attackiert und verletzt.

Am Kreuzberg am Fuße der Rax sind auf Initiative eines Hotelbesitzers und der Gemeinde derzeit Flüchtlinge im leer stehenden "Tirolerhof" untergebracht. Die Pfarre kümmert sich ehrenamtlich um die vorwiegend afghanischen Familien. "Ich wollte einem Ehepaar und einem jungen afghanischen Mann den Weg zum Bahnhof zeigen und ihnen die Fahrpläne erklären", schildert Flüchtlingsbetreuer Norbert Mang (46). Mit dabei waren auch ein Baby und zwei Kinder. Nachdem ein Zug in der Station Klamm hielt, stiegen mehrere Personen aus. Unter anderem ein etwa 170 cm großer, korpulenter Mann mit einem flaumigen Oberlippenbart und blasser Haut.

"Ich grüßte, aber er reagierte nicht. Stattdessen ging er schnurstracks auf den afghanischen Familienvater zu und sprühte ihm mit dem Pfefferspray aus nächster Nähe ins Gesicht", schildert Mang. Als der Angreifer sofort danach den Flüchtlingsbuben ins Visier nahm, ging der Pfarrgemeinderat mutig dazwischen und bekam selbst eine Ladung Reizgas ab. "Es tat höllisch weh. Wir sind zu Boden gegangen und die Kinder schrien vor Angst", erzählt Mang. Dem Täter gelang die Flucht. Die Verletzten mussten im Spital behandelt werden. Selbst einen Tag danach konnten sie kaum etwas sehen.

U-Haft

In Salzburg wurden unterdessen jene Männer, die einen Asylwerber am Hauptbahnhof schwer verletzt haben sollen, in U-Haft genommen. Die fünf Rumänen sollen am 6. Oktober auf den Iraker eingeschlagen und -getreten haben, als er bereits am Boden lag. Der Iraker schilderte, er habe die Männer bloß gefragt, ob sie ihm ein Bier abgeben würden. Daraufhin hätten sie ihn angespritzt, getreten und verfolgt, als er flüchtete.

Wie macht das der Doskozil? Das fragt man sich mittlerweile auch außerhalb des Landes und schickt Botschaftsvertreter an die österreichisch-ungarische Grenze nach Nickelsdorf, um sich Ezzes in Sachen Flüchtlings-Krisenmanagement zu holen. Mehr als 260.000 Menschen sind seit Beginn des großen Ansturms Anfang September angekommen – die meisten wollten weiter nach Deutschland. Burgenlands Landespolizeidirektor Hans Peter Doskozil hat auch in den heißen Phasen kühlen Kopf bewahrt und gibt seine Erfahrungen jetzt auch international weiter. Am Freitag waren Vertreter skandinavischer Länder vor Ort, die Briten waren auch schon da.

Drei-Punkte-Plan

"International" ist für den Polizeichef auch das Stichwort zur Lösung der Flüchtlingskrise. Sein Drei-Punkte-Plan: Asylverfahren nach europäischen Standards an der EU-Außengrenze. Die anerkannten Asylwerber müssten danach nach fixem Schema auf die EU-Mitgliedsstaaten aufgeteilt werden. Und der "wichtigste Punkt", so Doskozil, "wer keinen Anspruch auf Asyl hat, muss umgehend in sein Heimatland zurückgeführt werden".

Nur wenn "alle drei Punkte gemeinsam" erfüllt werden, gebe es die Chance auf eine dauerhafte Lösung, sagt Doskozil im KURIER-Gespräch. Gelinge das nicht, drohe Europa zu zerbrechen.

Denn schon jetzt mehrten sich Versuche, das Problem national zu lösen. Deshalb hält Doskozil auch nichts von der Forderung von FPÖ-Landeshauptmannvize Hans Tschürtz, Österreich müsste die "Kopiermaschine anwerfen", wenn Deutschland Asylverfahren an der Grenze durchführe. Dann würden alle, die in Nickelsdorf ankommen, in Österreich um Asyl ansuchen. "Will Herr Tschürtz das?" Dass Deutschland Flüchtlinge nach Österreich zurückschieben kann, glaubt Fremdenrechtsexperte Doskozil ebenso wenig wie an die lückenlose Kontrolle grüner Grenzen. Vielmehr müsste sich Deutschland darum kümmern, die abgewiesenen Asylwerber entweder in deren Heimatland oder nach Ungarn abzuschieben.

Wer glaubt, diese Krise sei schon hochkomplex, irrt womöglich. Derzeit rede keiner von Afrika, warnt Doskozil. Dort gebe es sicher 100 Millionen potenzielle Flüchtlinge. Wie man darauf allenfalls reagieren kann, müsse man schon jetzt überlegen. Die aktuelle Flüchtlingskrise könnte dafür Lehrbeispiel sein.

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