Jeder fünfte Wirt musste zusperren

Mario Pulker von der Wirtschaftskammer schlägt Alarm: Durch das Wirtshaus-Sterben würden auch viele Jobs verloren gehen.
Gesellschaftswandel, hohe Auflagen und das Rauchverbot lassen Gastronomen verzweifeln.

Auf den ersten Blick wirken die Zahlen nicht beunruhigend. Rund 9500 Gastronomiebetriebe sind in Niederösterreich registriert, laut Statistik sind sogar leichte Zuwächse zu verzeichnen.

Dennoch sprechen Experten von einem massiven Strukturwandel. So hat in den vergangenen zehn Jahren jeder fünfte Wirt das Handtuch geworfen. Mario Pulker von der Wirtschaftskammer sagt: "Die Entwicklung ist äußerst bedrohlich."

Jeder fünfte Wirt musste zusperren
Mario Pulker Obmann der Wirtshäuser
Die Statistik täusche laut Pulker auch über die tatsächliche Misere hinweg. Nur weil in den Ballungszentren viele Pubs und Bars eröffnet wurden, seien die Verluste nicht so offensichtlich. Hinzu kommt, dass in den vergangenen drei Jahren sogenannte Shisha-Bars wie Schwammerl aus dem Boden schossen. Rund 250 gibt es derzeit. Allerdings: 2018, wenn das Rauchverbot schlagend wird, können die Wasserpfeifen-Bars auch gleich wieder zusperren.

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Einen Überlebenskampf führen jene klassischen Wirtshäuser, die in den ländlichen Regionen zu finden sind. "In den Gegenden, wo kein Tourismus stattfindet, haben sie fast keine Chance mehr", sagt Pulker. Er zählt noch weitere Gründe für das Wirte-Sterben auf: der Gesellschaftswandel, hohe Auflagen, das Hin und Her beim Rauchverbot, Absenkung der Promillegrenze und dass Geschäftsessen nicht mehr so einfach von der Steuer abgesetzt werden können. "Es ist an der Zeit, dass man die Wirte entlastet und neue Förderinstrumente entwickelt", meint Pulker.

Die Linzer Straße ist sicher nicht St. Pöltens heißestes Pflaster. Verstaubte Auslagen, leer stehende Objekte – es ist nicht einfach, Mieter zu finden.

Marco Fuxsteiner hat sich dennoch getraut. Vor Kurzem eröffnete er das Pub "McLaren’s", das nun das ehemals sehr beliebte "Salzamt" abgelöst hat. Die Einrichtung ähnelt der Bar aus der beliebten US-Serie "How I Met Your Mother", in der sich die Protagonisten immer wieder zusammenfinden, um ihre Probleme zu besprechen, oder einfach nur ein paar Drinks zu kippen.

"Ich habe sogar das österreichweite Patent auf die Marke", erzählt Fuxsteiner stolz. Mit Bier, Burgern und den besonderen Deko-Elementen, die auch in der Serie zu sehen sind, will er nun in der nö. Landeshauptstadt Erfolge feiern.

Erfahrung

Er ist sich sicher, dass seine Idee aufgehen wird. "Man braucht ein Konzept, ohne geht es einfach nicht", sagt der Niederösterreicher. Für Fuxsteiner ist das auch eines jener Probleme, mit denen das Wirtesterben zu begründen sei. "Wenn ich meinen Kunden nichts bieten kann, dann werden sie woanders hingehen."

Mit seinen 34 Jahren hat der Lokalbesitzer schon genug Erfahrungen in der Branche sammeln können. Er führte Lokale mit den Namen "Madhouse" und "Batcave". Jetzt hat er einen Traum: aus dem "McLaren’s" österreichweit eine Kette zu machen. "Soweit bin ich aber noch lange nicht, jetzt muss ich erst einmal durchstarten."

Der Start ist für Fuxsteiner jedenfalls gut verlaufen. Die St. Pöltener freuen sich über das neue Angebot. Der Jung-Gastronom könnte es schaffen.

Der "Gasthof zur Kartause" im Donauort Aggsbach-Dorf nahe Melk in NÖ hat Geschichte. Umso härter fällt Wirt Friedrich Lechner die Ankündigung: "In zwei Jahren ist dann Schluss". Dann wird auch seine Frau Ingrid in Pension gehen und die Gastwirtschaft, die in dritter Generation von den Lechners betrieben wird, stillgelegt.

Mit 53 Gästebetten und 250 Sitzplätzen im Restaurant und in den Gaststuben wäre das Wirtshaus eigentlich recht gut wirtschaftlich zu führen, meint der Wirt. Aus gesundheitlichen Gründen selbst in Pension, hilft er trotzdem mit, so gut es geht. Eine Reihe von Widrigkeiten habe allerdings den beiden Kindern des Wirtsehepaars die Lust am Weiterführen des Betriebes vertan, meint Lechner. "Das Schwierigste ist, deutschsprachiges Personal zu bekommen", berichtet er. Kaum habe man Mitarbeiterinnen aus diversen Nachbarländern angelernt, seien die auch schon wieder weg. Vor sechs Jahren hörte er auf, nach Lehrlingen zu suchen, "weil es kein Interesse mehr gibt". 18 Lehrlinge hat Lechner in seiner Ära ausgebildet.

Eine überbordende Bürokratie und Kontrollmaschinerie trage zum Wirtesterben massiv bei, ist Lechner überzeugt. Vor allem das bevorstehende Rauchverbot, sieht der Nichtraucher als üble Bevormundung. Er selbst hat noch vor einigen Jahren 40.000 Euro in ein Belüftungssystem investiert.

Seine Gastwirtschaft in zwei Jahren zu verpachten, kommt für Lechner nicht in Frage. "Man müsste sich dann trotzdem weiter ständig ums Haus umschauen", meint er. Im Jahr 2017 erlebt Aggsbach-Dorf mehrere Einschnitte. Neben den Lechners wollen noch zwei weitere Wirte für immer zusperren.

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