"Mir ging es nie ums Rechthaben"

Povse will mit ihrer Geschichte aufrütteln und Kinderrechte stärken
Erstes Durchatmen für Familie Povse, doch in Italien läuft noch ein Verfahren wegen Kindesentführung.

Ungewissheit und Angst bestimmten den Alltag von Doris Povse, doch am Freitag entschied das Gericht in Italien, dass Sofia bei ihrer Mama in NÖ bleiben darf. Dem italienischen Vater wurde ein großzügiges Besuchsrecht eingeräumt. Mit dem KURIER sprach Povse über die vergangenen Monate.

KURIER: Wie geht es Ihnen und Sofia nach dem Urteil?

Povse: Es ist eine große Erleichterung. Aber noch läuft in Italien ein Verfahren gegen mich wegen Kindesentführung. Ich bin nicht rechtskräftig zu 15 Monaten Haft und 40.000 Euro Geldstrafe verurteilt. Ich hoffe auf eine Bewährungsstrafe, damit ich das Besuchsrecht einhalten kann. Ich habe ja mein Buch geschrieben (Nicht mit uns, Anm.), damit ich das verarbeiten kann. Sofia hat eine Therapie gemacht, jetzt hat sie ein stabiles Umfeld.

Gab es schon Kontakt mit Sofias Vater?

Sie haben schon Zeit miteinander verbracht, es funktioniert gut. Im Sommer soll Sofia eine Woche in Italien verbringen. Für uns werde ich vielleicht eine Mediation vorschlagen.

Was sagen Sie zu der Welle an Unterstützung, die Sie hatten?

Als wir die Bilder von der Demo für Sofia gesehen haben, haben wir geheult. Es gab so viel Solidarität und Menschlichkeit. Ich werde das nie vergessen. Wir wurden aber auch stark kritisiert.

Wie ist die Resonanz auf Ihr Buch?

Es gibt schon kritische Kommentare. Aber ich habe es ja für mich geschrieben und um die Justiz aufzurütteln, dass so ein Fall in unserer Gesellschaft nicht passieren darf. Man kann ein Kind nicht einfach aus seiner Familie herausreißen.

Was raten Sie anderen Eltern in so einer Situation?

Schwierig ist es, wenn man an Anwälte gerät, die nur auf Konfrontation aus sind. Sie sollten eher versuchen, zwischen beiden Parteien zu vermitteln. Der "Gewinnergedanke" gehört weg. Mir ist es nie darum gegangen, Recht zu haben. Ich wusste, Sofia geht es bei ihrem Bruder und sozialen Papa gut. Ich finde, Patchwork-Väter sollten mehr Rechte haben.

Sie haben den "Verein Sofia" gegründet. Werden Sie Betroffene weiter unterstützen?

Auf jeden Fall. Ich will zeigen, dass in Obsorgestreitigkeiten Kinderrechte nicht eingehalten werden. Ich hoffe, einen Termin im Familienministerium zu bekommen, um Lösungsansätze zu finden – auch im Zusammenhang mit der neuen Obsorge. Es gibt Männer, die sich jahrelang nicht um ihre Kinder kümmern und plötzlich Geschichten erfinden, um das alleinige Sorgerecht zu bekommen.

Würden Sie wieder so handeln?

Das ist schwierig zu beantworten. Unsere Flucht auf jeden Fall. Sonst wäre Sofia weggewesen.

2008: Doris Povse trennt sich von Mauro A., dem Vater ihrer heute siebenjährigen Tochter Sofia, und zieht zurück nach Österreich. Es folgt ein jahrelanger Sorgerechtsstreit.

Juni 2013: Das Bezirksgericht Wiener Neustadt entscheidet, dass Povse ihre Tochter dem Kindsvater übergeben muss.

Juli 2013: Als das Mädchen abgeholt werden soll, taucht Povse mit ihrer Tochter unter, versteckt sich, etwa in Spanien.

August 2013: Das Bezirksgericht Wiener Neustadt setzt die Vollstreckung des Beschlusses aus, Mutter und Tochter kehren im Stronach-Jet zurück nach Österreich.

5. April 2014: Doris Povse veröffentlicht ihr Buch "Nicht mit uns – Wie ich mit meiner Tochter untertauchte".

11. April 2014: Gericht in Venedig entscheidet: Sofia darf in Österreich bleiben. Der Vater bekommt das Besuchsrecht. Im September gibt es einen neuen Gerichtstermin. Entscheidung dürfte jedoch halten.

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