Klöster: Zwischen Glauben und Reichtum

Die nö. Stifte beziehen ihr Geld ausbeachtlichem Grundbesitz: Haupteinnahmequellen sind Land- und Forstwirtschaft sowie Verpachtungen.
Nach Kritik aus dem Vatikan fragte der KURIER fünf Stifte in Niederösterreich nach ihren Vermögensverhältnissen.

Die Schelte kam von höchster Stelle. Kardinal Joao Braz de Aviz, als Präfekt der vatikanischen Ordenskongregation eine Art vatikanischer Supervisor aller katholischen Ordensgemeinschaften, hat den Klöstern und Stiften im Vatikan-Organ Osservatore Romano einen Hang zum Kapitalismus attestiert.

Die Orden dürften sich jedoch nicht der vorherrschenden kapitalistischen Kultur anpassen; maßgeblich müsse das Evangelium sein. Der brasilianische Kardinal kündigte Richtlinien an, um die Klöster finanziell stärker an die Kandare zu nehmen. Er beruft sich dabei auf Papst Franziskus, der die Orden zu mehr Transparenz in Finanz- und Verwaltungsangelegenheiten aufgerufen hatte.

Wie reagieren die heimischen Klöster auf die Töne aus dem Vatikan? Der KURIER machte die Probe aufs Exempel und fragte die Stifte Klosterneuburg, Melk, Göttweig, Heiligenkreuz und Geras nach ihren Vermögensverhältnissen. Spannend sind dabei nicht nur die Zahlen, sondern auch die praktizierte Transparenz –was verraten die Klöster über ihre wirtschaftliche Basis?

Über enormen Grundbesitz, aber wenig Geld verfügt das Zisterzienserstift Heiligenkreuz: „Wir haben derzeit 142 Mitarbeiter – vor allem in der Land- und Forstwirtschaft, aber auch im Klostergasthof und an unserer theologischen Hochschule“, sagt Pater Karl Wallner, Rektor der Hochschule und Chef der klösterlichen Öffentlichkeits-
arbeit. Seit dem Jahre 1133 besitze der Orden insgesamt rund 19.500 Hektar Wald und Ackerland. Zwei Forstbetriebe in Heiligenkreuz und in der Steiermark seien die wirtschaftlichen Hauptstandbeine. Umsatzzahlen kann Wallner keine nennen, viel zu verteilen gebe es aber nicht: „Wir machen seit Jahren keinen Gewinn und müssen Rücklagen auflösen.“ 200.000 Euro pro Jahr wendet das Stift für Priesterstudenten aus der dritten Welt auf, 30.000 Euro gehen an die heimische Caritas.

Im Chorherrenstift Klosterneuburg wird die neue Offenheit bereits praktiziert, die gewünschten Auskünfte werden dort ohne Zögern erteilt: „Wir haben etwa 200 Mitarbeiter und rund 10.000 Hektar Grundbesitz, davon sind 8000 Hektar Forst und 1500 Hektar verpachtete Flächen, darunter 700 Wohnungen. Der Rest entfällt auf Bio-Landwirtschaft und unser Weingut“, sagt Finanzdirektor Paul Wallner. Aus rund 30 Millionen Euro Jahresumsatz erwirtschaften die Chorherren vor allem aus Verpachtungen, Forstwirtschaft und Wein etwa vier Millionen Gewinn. Ein Viertel davon, also rund eine Million Euro pro Jahr, wird gespendet. Das Stift Klosterneuburg unterstützt unter anderem die Sozialprojekte des Jesuitenpaters Georg Sporschill in Südosteuropa, ein Kinderdorf in Indien und ein Sozialprojekt für Roma in Rumänien.

„Unser Ziel ist Jahr für Jahr, ohne große Grundverkäufe eine schwarze Null zu schreiben“, sagt Gerhard Grabner, Wirtschaftsdirektor des Benediktinerstifts Göttweig. Schließlich sei man als Stiftung angehalten, „von den Früchten zu leben, nicht von der Substanz“.

Das Kloster habe etwa hundert Mitarbeiter und gut 5000 Hektar Grundbesitz. Die rund fünf Millionen Euro Jahresumsatz werden vor allem mit Forstwirtschaft und Verpachtungen erzielt. Der Großteil des kleinen Gewinns fließe in die dringend nötige Sanierung des Klosterdachs, sagt Grabner. „In sechs Jahren müssen wir dafür insgesamt sechs Millionen Euro aufbringen“, sagt Grabner. Gefördert werden auch Exerzitienkurse und
das klostereigene Jugendgästehaus.

„Unser Stift stand schon immer auf der Seite der armen Klöster“, erklärt Michael Proházka, Abt des Prämonstratenser-Chorherrenstifts Geras. „Wir pflegen einen bescheidenen Lebensstil und haben keine Probleme mit der Aufforderung aus Rom“, sagt Proházka. Das Stift beschäftige 20 Mitarbeiter und verfüge über rund 1700 Hektar Grundbesitz. Der Jahresumsatz betrage rund eine Million Euro und werde mit Forstwirtschaft, Tourismus und dem Klosterladen erzielt. Der bescheidene Ertrag fließe in die Erhaltung des Klosters und in die Abzahlung von Verbindlichkeiten. Für karitative Zwecke bleibe wenig übrig, dennoch werden immer wieder Spendenprojekte für verfolgte Christen in Syrien initiiert und dotiert.

Keinerlei Auskunft gibt es trotz mehrerer telefonischer und schriftlicher Anfragen lediglich aus dem Stift Melk. Das liege aber nicht etwa an mangelnder Transparenz oder fehlender Kooperationsbereitschaft des Ordens, sondern einzig und allein an urlaubsbedingten Abwesenheiten, wird seitens des berühmten Barockstifts im Mostviertel betont.

„Es tut mir sehr leid, aber in der Wirtschaftsdirektion ist diese Woche niemand da“, sagt Birgit Kühnl von der Zentraldirektion des Benediktinerstifts zwei Tage nach der ersten Anfrage des KURIER. Und ohne Abstimmung mit den zuständigen Stellen dürfe sie nicht einmal Basisdaten, wie Umsatz, Mitarbeiteranzahl oder Grundbesitz nennen.

Kommentare