Ganovenjagd zur dunklen Zeit

Eine Polizistin kontrolliert den Laderaum eines ungarischen Pkw
Schwerpunkt-Aktionen in Niederösterreich sollen Einbrecher stoppen.KURIER begleitete die Fahnder.

Man muss kein Lippenleser sein, um jenes unschöne Wort zu erahnen, das dem Autofahrer just in dem Moment entfährt, als er sich mit der roten Kelle von Polizist Gerhard Pichler konfrontiert sieht. "Führerschein und Fahrzeugpapiere bitte", sagt Pichler durchs geöffnete Seitenfenster.

Der Lenker mit der langen grauen Mähne kramt im Handschuhfach herum, findet nichts. Schulterzucken. "Haben Sie das Auto gestohlen?", fragt Pichler. "Glauben Sie wirklich, so a Kraxn würd’ ich stehlen?", bekommt er als Antwort. Der Beamte überprüft die Daten des Mannes, schließlich darf er weiterfahren.

Es ist Dienstagabend, Fahnder aus dem Bezirk St. Pölten in Niederösterreich haben sich bei der Autobahnabfahrt Neulengbach postiert. Die Region gehört zu jenen Hotspots , die von Einbrecherbanden bevorzugt frequentiert werden. Die nahe gelegene Westautobahn ermöglicht eine schnelle Flucht. Und dieser Umstand ist Kriminellen bekanntlich am wichtigsten.

Pichler und sein Team sind an diesem Tag auf der Jagd nach sogenannten Dämmerungseinbrechern. Denn mit Beginn der kalten Jahreszeit und der frühen Dunkelheit steigen auch die Einbrüche wieder. Mit gezielten Aktionen will die Polizei nicht nur Ganoven schnappen, sondern auch Präsenz zeigen und damit eine abschreckende Wirkung erzielen.

Scheinanmeldungen

Ein Kastenwagen mit ungarischem Kennzeichen wird gestoppt. Der junge Mann hinterm Steuer zündet sich beim Aussteigen gleich einmal eine Zigarette an. Er wirkt nervös. Eine Polizistin möchte einen Blick in den Laderaum werfen. Darin liegt jede Menge Werkzeug. "Ich arbeite auf einer Baustelle", erklärt der junge Mann. Er sei Richtung Amstetten unterwegs, dort wolle er bei Verwandten schlafen.

Auch dieser Fahrer wird überprüft, nichts Verdächtiges. Aber: Reifenwechseln wäre dringend angesagt. Hinten links wird es schon problematisch, viel vom Profil ist nicht mehr da. "Mache ich gleich morgen", verspricht der Ungar.

Pichler weiß, dass die Einbrecher längst nicht mehr nach nur einem Schema vorgehen. Die Täter haben gelernt. Sie sind in unscheinbaren Mittelklasse-Autos unterwegs, durch Scheinanmeldungen kommen die Ganoven zudem an österreichische Kennzeichen. Was deshalb wirklich zählt, ist einen guten Riecher zu haben. "Zudem sind wir über jeden Hinweis aus der Bevölkerung dankbar", sagt der Beamte mit 25 Jahren Diensterfahrung.Eine weiße Luxuslimousine biegt um die Ecke, das rote Licht der Kelle zuckt wieder durch die Nacht. Der Lenker: ein heimischer Unternehmer. Das Kennzeichen: ein polnisches. Im Kofferraum: keine Beute, kein Einbruchswerkzeug, dafür eine Golftasche. Für Einbrecher-Jäger unverdächtig, aber vielleicht ein Fall für die Finanzpolizei. Diese werde in weiterer Folge auch informiert und werde sich den Herrn ein bisschen genauer anschauen, betont der Oberstleutnant.

Im Wettlauf mit den Kriminellen hilft der Exekutive vor allem auch die Technik. Direkt vor Ort können über das Ekis-System Daten abgefragt werden. In Minutenschnelle wissen die Fahnder, ob ihnen ein gerichtlich Gesuchter ins Netz gegangen ist. Einen Treffer erzielen die Fahnder bei dieser Schwerpunkt-Aktion aber nicht. Der Wettlauf geht weiter.

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