Fahren auf der Kante: Ein Visionär rettete die Skiindustrie

Der Weinviertler Skiprofessor Arno Klien mit dem extrem taillierten Schweden-Ski aus dem Jahre 1922
Reinhard Fischer aus der Hinterbrühl experimentierte mit extrem taillierten Ski, die heute von den Pisten nicht mehr wegzudenken sind.

Kein anderer hat das Skifahren so revolutioniert wie er: Reinhard Fischer aus der Gemeinde Hinterbrühl, Niederösterreich, hatte nach langjährigen Versuchen und durch seine Hartnäckigkeit in den späten 80er-Jahren den Carving-Ski erfunden. Und damit die Skiindustrie vor dem Untergang gerettet. Ihm zu Ehren schreibt der Weinviertler "Skiprofessor" Arno Klien nun an einem ganz speziellen Buch, das bald unter dem Titel "Schneiden im Schnee – Reinhard Fischer" erscheint und die Erfolgsgeschichte der Carving-Technologie beschreibt.

Belächelt

"Die ganze Welt fährt heute auf so einem Ski", sagt der heute 81-jährige Reinhard Fischer. Aber am Anfang seiner Idee wurde er von vielen nur belächelt und als Spinner abgestempelt. "Doch der Reini Fischer hat begonnen, an der Technik zu feilen. Er war eine entscheidende Triebfeder zur industriellen Erzeugung des Carving-Ski", sagt Klien über seinen langjährigen Freund. Der war Zeit seines Lebens ein Skibesessener und fertigte für seine Kinder selbst Bretteln, mit denen sie den anderen um die Ohren fuhren. "Ich bin draufgekommen, dass man auf der Kante in der Kurve schneller beschleunigen kann", erinnert sich Fischer. Er experimentierte viel, zerschnitt 1990 ein (damals schon stark tailliertes) Snowboard und fuhr mit den so erhaltenen Brettln "wie ein Gott" im Tiefschnee.

Ur-Carver

Die ersten Kontakte zu den Skifabrikanten fruchteten wenig. Bis auf ein paar viel zu lange Prototypen kam nicht viel heraus. Ein Grund dafür war, dass Fischer kurze Ski mit kleinem Radius bauen wollte. "Dafür war aber die Zeit noch nicht reif", sagt Klien.

Im Jahr 1993 hatte Fischer schließlich den richtigen Radius und fertigte den Ur-Carver "Snowrider" an und ließ im Erzgebirge einige Paare produzieren. Obwohl der Tüftler einen "Gebrauchtmusterschutz" anmeldete, blieb ihm der finanzielle Erfolg allerdings verwehrt. "20.000 Schilling habe ich bekommen, und die musste ich mit dem Patentanwalt teilen", sagt der Hinterbrühler. Die Verkaufserfolge der Skiindustrie danach sind bekannt.

Erste Taillierung

Im Zuge der Recherchen fand Arno Klien heraus, dass die Skitaillierung eine lange zurückreichende Tradition bei der Konstruktion von Skiern hatte. Vor allem im skandinavischen Raum.

Nach dem Auflassen des Wiener Sportgeschäftes "Berko" in der Mariahilfer Straße fielen einem Antiquitätenhändler breite Holzski in die Hände. Er konsultierte Klien, der herausfand, dass es sich um Ski aus Mittelschweden aus dem Jahre 1922 handelte. "Diese Skimodell ist kurz, breit und stark tailliert und weist schon die grundtypischen Eigenschaften moderner Carver auf", sagt Klien. Er fand sogar Zeichnungen über Taillierungen in Fachbüchern aus dem 19. Jahrhundert.

Lange Entwicklung

Die Fortbewegung mit Ski hat in der Menschheit lange Tradition. In einem Moor bei Hoting in Schweden wurde der "Ski von Hoting" gefunden, der nachweislich 4500 Jahre alt ist. Vor wenigen Jahren wurden im Nordwesten Russlands Skifragmente entdeckt, die laut wissenschaftlichen Erkenntnissen aus der Epoche 8300 vor Christi Geburt stammen. Vor allem in Skandinavien geht der Gebrauch von Ski auf Hunderte Jahre zurück.

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