Ex-Rotlichtboss mit neuer „Show“ vor dem Richter

Zur Sicherheit wurde Wolfgang W. während des Prozesses eine Notarzt-Crew (li.) zur Seite gestellt
Schwer Krimineller narrt seit Jahren die Justiz. Der Richter zeigt nun entsprechende Härte.

Für den Psychiater und Gerichtssachverständigen Karl Dantendorfer ist Wolfgang W. ein „Simulant“. Einer der so lange eine zittrige Hand vorspielt, bis man ihn ablenkt. Dann sei es mit den Symptomen plötzlich schlagartig vorbei. Auch der zuständige Richter am Landesgericht Wiener Neustadt, Hans Barwitzius, will sich die Scharmützel des angeklagten Ex-Rotlichtkönigs nicht mehr länger gefallen lassen – schließlich geht es unter anderem um Zuhälterei, Freiheitsentziehung, Nötigung, mehrfache Körperverletzung und haufenweise Ski-Diebstähle. Für den Prozess am Dienstag hat Barwitzius dem angeblich schwer kranken und verhandlungsunfähigen Mann ein Notarztteam zur Seite gestellt. Beatmungsgerät und Defibrillator kamen zum Glück nicht zum Einsatz.

Seit nunmehr fünf Jahren versucht Wolfgang W. sich mit Gutachten, die ihm Klaustrophobie, Bluthochdruck und eine Stimmritzenverengung attestieren, eine „normale“ Haft zu ersparen. Weil ihm immer wieder Sonderbehandlung und Freigang gewährt wurden, konnte er bereits zwei Mal flüchten. Einmal setzte er sich sogar nach Spanien ab, wo ihn Zielfahnder wieder fassten.

Überraschung

Beim Prozess am Dienstag überraschte W. erneut – dieses Mal mit einer Demenzerkrankung. Auf die Frage des Richters nach seinem eigenen Geburtsdatum und seinem Geburtsort lag der Angeklagte falsch. Auch an den Namen seiner Eltern wollte sich der 61-Jährige erst im zweiten Anlauf erinnern. Für Psychiater Dantendorfer war der Auftritt eine „Show“, selbst wenn der Arzt der Sonder-Justizanstalt Wilhelmshöhe eine Demenzerkrankung einräumt. „Es wurde eine Magnetresonanz des Schädels und ein Screening für Demenz durchgeführt und nichts gefunden. Es spricht alles dagegen, dass es wirklich so ist, wie der Angeklagte vorgibt“, sagt Dantendorfer.

Barwitzius will nun den behandelnden Arzt in den Zeugenstand rufen und außerdem jene Justizbeamten befragen, die täglich mit W. zu tun haben. Der Prozess wurde vertagt.

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