Windrad-Stopp löst Sturm aus

Windrad-Stopp löst Sturm aus
Interessensvertreter fürchten um Milliarden-Investitionen. Land arbeitet an Zonenregelung.

Noch eine Woche. Dann segnet der Landtag den Baustopp für Windräder ab. Bis ein neues Raumordnungsgesetz steht, sollen dann keine neuen Propeller mehr bewilligt werden. Obwohl derzeit niemand sagen kann, wie lange der Widmungsstopp dauern wird, liefern sich Interessensvertreter und Umweltorganisationen schon jetzt heftige Scharmützel.

Das neue Gesetz sieht die Schaffung von Zonen vor, in denen künftig Windkraftanlagen entstehen dürfen. Für die eingehende Untersuchung, wo solche Windrad-Zonen sind, kann sich das Land bis zu zwei Jahre Zeit nehmen. Das schockt die IG Windkraft. „Wird der Widmungsstopp wirklich so umgesetzt, liegt die Entwicklung neuer Windkraftprojekte für ganze zwei Jahre im Dornröschenschlaf“, befürchtet Geschäftsführer Stefan Moidl. „Dann sind mindestens 200 Windräder in ihrer Umsetzung gefährdet – ein Investitionsvolumen von mehr als einer Milliarde Euro.“ Die Ziele des NÖ Energiefahrplans seien damit ernsthaft in Gefahr, glaubt Moidl.

Eine Ansicht, die Umweltlandesrat Stephan Pernkopf nicht teilt. „Unseren Energiefahrplan werden wir auf Punkt und Beistrich umsetzen. Dafür brauchen wir keine Zurufe.“ Der Plan sieht vor, dass bis 2020 die Hälfte des gesamten nö. Energiebedarfs aus erneuerbaren Energien gedeckt wird. Man müsse jedoch, so Pernkopf, unterscheiden zwischen Energiewende und Profitgier. „Wir schieben lediglich dem Wunschdenken der Windkraftindustrie einen Riegel vor und beugen dem Windrad-Wildwuchs vor.“

„Geldgier“

Windrad-Stopp löst Sturm aus
kurier montage windrad
Der Umweltdachverband teilt Pernkopfs Ansicht. „Einige Windkraftzocker sind derart von Geldgier getrieben, dass sie beim weiteren Windkraftausbau auf Kosten der betroffenen Bevölkerung, von Landschaftsbild, Natur- und Umweltschutz keine Grenzen mehr kennen. Sie müssen raumordnungspolitische Schranken gewiesen werden“, sagt Präsident Gerhard Heilingbrunner.

Merken werden die Niederösterreicher vom Baustopp zunächst übrigens nichts. Projekte, die bereits bewilligt sind, werden auch umgesetzt. Neueinreichungen werden jedoch bis auf weiters keine zugelassen.

Skurriler geht es nicht: Erholung suchen zwischen dem ersten und dem zweiten Abschlag. Wegen der tief fliegenden Golfbälle empfiehlt sich zur Sicherheit für die Spaziergänger ein schützender Vollvisierhelm. Willkommen im neuen Naherholungsgsgebiet Golfclub Schönborn in Göllersdorf, Bezirk Hollabrunn. So sieht das zumindest der Gutachter, der gerade im Auftrag der Gemeinde eine Änderung des Raumordnungsprogrammes ausgearbeitet hat. Der Hollabrunner Wald nördlich ist demnach wegen seiner „technogenen Belastung“ (durch die Nähe zur Schnellstraße) nur noch als Potenzialfläche für Windkraft geeignet. Die Naherholung findet eben am Golfplatz statt.

Der Raumordnungsplan lässt bei der Bevölkerung die Wogen hochgehen. Und beim Verein „Freunde des Hollabrunner Waldes“, der sich 2008 zum Kampf gegen den Bau von Windrädern gebildet hat, sowieso. „Wir haben nichts gegen die Golfspieler und den Verein. Aber dieses Gebiet ist sicher kein Naherholungsgebiet für eine ganze Region“, sagt Obmann-Stellvertreter Helmut Summerer. Und: „Diese Änderung der Raumordnung ist ein Witz und eine Frechheit zugleich.“ Außerdem sei der Golfplatz Privateigentum und hat daher keinen öffentlichen Status wie ein Wald. Samstagnachmittag wird gegen die Windkraftpläne durch das Hintertürl auf der Zufahrtsstraße demonstriert – und zwar als behördlich genehmigtes Picknick.

Seit gut einem Jahr plant Heinrich Hoyos bei Japons, Bezirk Horn, einen Windpark mit bis zu 13 Großwindrädern im Saßwald. Mehrere Anrainer sind besorgt und bekämpfen das gemeindeübergreifende Projekt, weil sie durch die Nähe der fast 200 Meter hohen Windräder um ihre Gesundheit bangen und Lärm fürchten. Da bisher keine Umwidmung des Waldstücks bei der Standortgemeinde in Geras beantragt wurde, hängt das Projekt, wegen neuer Kriterien des Landes, in der Warteschleife.

Hoyos sieht die Entscheidung des Landes entspannt: „Klar gibt es jetzt Betreiber, die es härter trifft und andere, die davon weniger betroffen sind. Ich muss aber alle Seiten verstehen.“ Er hofft, dass bis Jahresende die „genehmigungsfähigen Standortzonen“ definiert sind und dann klar ist, welcher Betreiber weiterplanen kann. „Ein späterer Abschluss der Zonierung würde gravierende Folgen für die Erreichung der Energieziele haben“, betont Hoyos, der nach wie vor zuversichtlich ist. Über einen geordneten Windkraft-Ausbau freut sich Johann Glück, Bürgermeister von Geras: „Im Vorjahr haben uns die Betreiber die Türen eingerannt. Danach war klar, dass wir uns den Bezirk sicher nicht mit Windrädern zubauen lassen wollen. In einer Sitzung haben wir drei Projekte als gut empfunden“, sagt Glück.

Kundgebung

Zufrieden sind auch die besorgten Bürger in Japons, die sich gegen das Saßwald-Projekt stemmen. „Jetzt müssen aber nach Prölls Worten auch die Taten folgen“, fordert Anrainerin Denise Uthoff, die in einer renovierten Mühle am Waldrand lebt. „Hier habe ich mir meinen Traum erfüllt“, erzählt die Sozialberaterin. Sie hofft, dass der Windpark im Saßwald überhaupt nicht realisiert wird. Am 23. Mai, will Uthoff ab 11.30 Uhr bei einer Kundgebung vor dem Landhaus St. Pölten teilnehmen, um „ein deutliches Zeichen für den Erhalt der Waldviertler Naturlandschaft zu setzen“, sagt auch ihre Mitstreiterin Irmgard Schnabl.

Kommentare