Einsatz in der Rotlicht-Szene

Freundlich, aber bestimmt: Durchschnittlich einmal pro Monat erhält jedes Etablissement in NÖ Besuch von den Fahndern der Polizei.
Mit Ermittlern des Landeskriminalamtes unterwegs auf Razzia in Niederösterreich.

Die Herrenrunde, die bei Einbruch der Dunkelheit in das Laufhaus in Neunkirchen platzt, sucht keinen käuflichen Sex. Im Gegenteil: Der Portier, ein junger Türke mit Popeye-Armen, blickt durchs Guckloch direkt in eine Polizeimarke. Es sind Ermittler des Landeskriminalamtes NÖ (Gruppe Menschenhandel, Rotlichtkriminalität), die zur unangemeldeten "Puff-Kontrolle" anrücken. Der Umgangston ist freundlich, aber bestimmt. Man kennt sich. Überprüfungen gehören beinahe zum täglichen Geschäft der Kriminalisten. "Im Schnitt", sagt Fahnder Markus H. (Name geändert), "wird jedes Etablissement in Niederösterreich einmal pro Monat kontrolliert." Rund 600 Prostituierte sind in NÖ registriert.

Der Koberer, wie ein Türsteher und Portier in der Rotlicht-Szene genannt wird, hat alle Unterlagen, die die Polizisten sehen wollen, rasch zur Hand. Besonderes Augenmerk legen die Ermittler auf den sogenannten Deckel. Es ist ein amtsärztliches Gesundheitszeugnis, das die Frauen vorlegen müssen. Auch einen Pass müssen die Damen bei sich haben. Wenn nicht, wird sofort angezeigt.

Trend Laufhaus

Der neue Boom sind Laufhäuser. Vier sind es derzeit in NÖ, in Gänserndorf wird demnächst eines eröffnet. Auch in St. Pölten soll es einen Interessenten geben. Das System ist einfach. Die Prostituierten zahlen "Miete" (rund 100 Euro am Tag), wohnen in den Zimmern und bieten dort auch ihre Dienste an. "Die Geschäfte laufen gut. Ich bin hier sehr zufrieden", sagt Sophie aus Ungarn.

Gewalt und Drogen

Allerdings: Man darf sich nicht täuschen lassen. In der Rotlichtszene geht es oft auch um Gewalt und Drogen. Immer wieder erleben die Fahnder Situationen, die sie erschaudern lassen. So wurde in St. Pölten spätnachts ein Transvestit aufgegriffen. Der Mann hatte ein Nachthemd an und einen Teddybär in der Hand. "Wenn man auf ihn zuging, fing er zu zittern an", erinnert sich H. Das Opfer war in den Niederlanden wochenlang eingesperrt gewesen und wurde brutal vergewaltigt. Schließlich wurde der Mann nach Österreich gebracht – als menschliches Wrack. Auch Alkohol und Drogen spielen eine große Rolle. Denn die Frauen trinken, um zu vergessen.

Weiter geht es in die "Cat Club Bar" nach Wr. Neustadt. Dort erfolgt die Kontrolle in der Küche des Bordells. Wer gerade einen Kunden hat, muss nicht sofort erscheinen. "Wir sind nicht da, um jemandem das Geschäft zu zerstören", sagt H. "Aber wenn etwas nicht passt, gibt es Konsequenzen. Das muss auch klar sein." Besitzer Hans Holzinger ist in der Szene eine Legende. Der 61-Jährige kennt das Geschäft wie kein anderer. "Ich habe hier alles selbst aufgebaut", erzählt er. Sogar die drehende Stange, an der sich die Frauen rekeln, ist Marke Eigenbau. "Sie wird durch einen Waschmaschinenmotor angetrieben", erzählt er. Ihn stört die Überprüfung durch die Polizei nicht. "Gegenseitiges Vertrauen ist enorm wichtig."

Viele wollen sich dieser Kontrolle durch die Polizei aber entziehen. Rund 100 Geheimprostituierte soll es in NÖ geben. Die Szene, das bemerken viele Insider, befindet sich im Wandel. Nachdem die Gesetze in Wien verschärft wurden, zieht es immer mehr Zuhälter und Prostituierte nach NÖ. Aber auch die berüchtigten Rocker der einschlägigen Motorradclubs wollen ins Geschäft einsteigen, nachdem sie in Deutschland vor der Polizei flüchten mussten. "Auch bei uns", sagt ein Ermittler, "kann es zu einem Ausbruch der Gewalt in der Szene kommen."

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