Drei Preise für rund 20 Kilometer

Pendler verzweifeln an den neuen Tarifen
Pendler beklagen weiter Öffi-Teuerung. VOR-Tarifreform wird jetzt ein Fall für die Politik.

Im Osten kommen die Pendler ob der Tarifreform des größten österreichischen Verkehrsverbunds nicht zur Ruhe. Ab 6. Juli gelten einheitliche Tarife für die gesamte Region Wien-Niederösterreich-Burgenland. Das seit 1984 geltende Zonensystem hat ausgedient und wurde vom Verkehrsverbund Ostregion (VOR) abgeschafft. Der neue Tarif orientiert sich in der Preisberechnung an den Gemeindegrenzen. "Daraus ergeben sich Preisstufen, die wesentlich kleiner sind, als im alten System", argumentiert VOR-Sprecher Georg Huemer.

Froh sind über die Reform aber längst nicht alle. Zahlreiche Pendler, die mit der neuen Preisgestaltung unglücklich sind, melden sich auch beim KURIER. Jetzt bekommt die Tarifumstellung noch eine politische Dimension. "Das neue System ist noch weniger nachvollziehbar als das alte", wettert die Klubchefin der nö. Grünen, Helga Krismer. Sie ortet Reparaturbedarf beim VOR.

Variationen

Als besonders umstritten gilt die Tatsache, dass ähnlich lange Strecken unterschiedlich teuer sind. So kostet eine 21 Kilometer lange Einzelfahrt in Wien (z.B. Floridsdorf nach Liesing) 2,20 Euro. In Niederösterreich werden für 21 Kilometer (z.B. Gmünd-Vitis) 3,30 Euro fällig. Doch die Fahrpreise variieren auch innerhalb des Bundeslandes: Für 23 Kilometer im Wiener Umland (z.B. Wien Liesing nach Bad Vöslau) müssen die Fahrgäste nämlich nicht die 3,30 Euro aus dem Waldviertel-Beispiel, sondern 4,40 Euro bezahlen.

Drei Preise für rund 20 Kilometer

"Klubobfrau" Helga Krismer

Laut Georg Huemer ein Missverständnis: "Es handelt sich bei unserem neuen System nicht um einen Kilometertarif." Es sei daher nicht aussagekräftig, die Kilometer-Abstände zu vergleichen. Entscheidend sei, dass Fahrgäste, mit einer Fahrkarte alle zur Verfügung stehenden Verkehrsmittel von A nach B nutzen können. "So kann man etwa bei der Hinfahrt die Bahn nehmen und bei der Rückfahrt den Bus." Berufspendler, die täglich – manche seit vielen Jahren – mit demselben Verkehrsmittel unterwegs sind, werten das jedoch nicht als Vorteil.

Viele KURIER-Leser beklagen in ihren Zuschriften, ihre Zeitkarten würden durch die Reform teurer. Krismer nennt ein Beispiel: "Für die Bus-Jahreskarte von Münchendorf zum Wiener Hauptbahnhof zahlt man ab 6. Juli statt 449 dann 700 Euro – das ist eine Preissteigerung von 56 Prozent."

Auch Andreas Laszakovits aus Steinbrunn im Bezirk Eisenstadt-Umgebung ärgert sich. Er hat keinen Führerschein, ist auf die Öffis angewiesen. Täglich pendelt er mit Bus und Bahn nach Wien. Dass seine Jahreskarte um vier Prozent teurer wird, schmerzt: "Ich muss mehr zahlen, aber die Verbindungen im Burgenland sind eine Katastrophe." Hätte er keine flexiblen Arbeitszeiten, wäre das Pendeln ob der oftmaligen Zugverspätungen unmöglich.

VOR-Mann Georg Huemer kontert: "Die meisten Fahrgäste werden tariflich praktisch nicht betroffen sein. Einige Fahrgäste werden in Zukunft weniger für den Öffentlichen Verkehr in der Ostregion zahlen, auf einige kommen allerdings Teuerungen zu. Letzteres insbesondere dort, wo Fahrgäste in der Vergangenheit von besonders großen Zonen oder von Überlappungsbereichen profitieren konnten."

365-Euro-Jahresticket

Die Grüne Landessprecherin Regina Petrik aus dem Burgenland macht sich – wie ihre Parteikollegen aus NÖ – für die Einführung eines 365-Euro-Jahrestickets für die Ostregion stark: "Wenn das Autofahren billiger ist, werden die Leute künftig auch nicht auf die Öffis umsteigen." Helga Krismer ergänzt: "Wir können es uns vor allem klimapolitisch nicht leisten auch nur einen einzigen Pendler zu verlieren." Der "Öffi-Flatrate" kann der VOR nichts abgewinnen: " Die Ostregion besteht aus drei Bundesländern mit unterschiedlichen Fahrgastströmen und Verkehrsangeboten."

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