Die Meister der Phantombilder

Die Meister der Phantombilder
Der KURIER hat einem der führenden "Zeichner" beim Erstellen eines Phantombildes über die Schulter gesehen.

30 bis 40 Prozent aller von der Polizei angefertigten Phantombilder führen zur Klärung von Straftaten.

Um die Phantombild-Spezialisten des niederösterreichischen Landeskriminalamtes auf die Probe zu stellen, wurde vom KURIER-Redakteur testhalber das Aussehen einer Person beschrieben, die jeder kennt: Landeshauptmann Erwin Pröll. Heraus kam ein Phantombild, das dem Politiker zumindest in der Stirnpartie ziemlich nahe kommt, wenngleich es auch, wie manche Betrachter meinen, Ähnlichkeiten mit dem KURIER-Kolumnisten Georg Markus aufweist.

Johann Blauensteiner, 54, ist einer von nur wenigen Kriminalbeamten in Österreich, die auf das Anfertigen von Phantom- oder Fahndungsbildern spezialisiert sind.

Computerprogramm

Die Meister der Phantombilder

Während die Bilder bis in die 90er-Jahre noch mit Bleistift per Hand angefertigt wurden, hat das amerika­nische FBI mit einem eigens dafür entwickelten Computerprogramm die Zeichen­arbeit revolutioniert. "Die Bilder werden heute am Computer erstellt. Wir verwenden dafür ein Software-Programm aus Österreich, nicht mehr das vom FBI", schildert Blauensteiner.

Alleine in Niederösterreich fertigen der Kriminalist und seine Kollegen des Assistenzbereiches Fahndung jährlich etwa 30 bis 40 Phantombilder an. In etwa 30 bis 40 Prozent der Fälle führt die Veröffentlichung eines Bildes zur Klärung einer Straftat und zur Ergreifung des Täters.

Erst vergangene Woche konnte die Brandstiftung mit Millionenschaden im Wiener Neustädter Dom mit Hilfe eines Phantombildes geklärt werden. Der Zündler war einer Zeugin in die Arme gelaufen, die später eine genaue Beschreibung abgeben konnte. "Wichtig ist, dass Zeugen nicht nur in der Lage sind, den Täter zu be­schreiben, sondern ihn auch wiederzuerkennen", sagt Blauensteiner.

 

Puzzle

In der Regel dauert es ein- bis eineinhalb Stunden, bis ein brauchbares Bild auf dem Laptop angefertigt ist. Die "Zeichner" gehen nach einem ganz bestimmten System vor. Zunächst erfragt das Programm Faktoren wie Geschlecht, Alter, Hautfarbe, Gesichtsform. Danach kann man aus Hunderten Frisuren, Bärten, Augenpartien oder Lippenformen wählen. Nach und nach werden die Puzzleteile so zu einem Gesamtbild zusammengesetzt.

Schwierig wird es dann, wenn es mehrere Zeugen gibt. Blauensteiner: "Jeder hat eine unterschiedliche Auffassungs­gabe. Ich habe einmal ein Phantombild eines Bankräubers mit einer Schul­klasse gezeichnet. Jedes Kind hat den Täter anders beschrieben, bis auf den auffälligen Ziegenbart. Den hatten alle gleich in Erinnerung."

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