Die letzten Stunden der Julia Kührer

Die Staatsanwaltschaft spricht von sexuellem Übergriff, heftigem Faustschlag ins Gesicht und Molotow-Cocktail.

In einem Monat beginnt der Prozess rund um den Tod von Julia Kührer aus Pulkau, NÖ. Sechs Sachverständige und rund 100 Zeugen werden in dem mehrtägigen Prozess im Landesgericht Korneuburg zu Wort kommen. Der Vorwurf lautet: Mord. Der mutmaßliche Täter: Michael Kollitsch, ehemaliger Videotheken-Besitzer in Pulkau. Dem KURIER liegt die Anklageschrift vor. Und die beinhaltet bisher unbekannte Details.

So etwa massive Verletzungen im Mundbereich von Julia Kührer. Der Staatsanwalt ist sich sicher: Durch einen heftigen Faustschlag brach ein Schneidezahn der 16-Jährigen ab und auch das Zahnfach (eine Vertiefung in den Kieferknochen, in der der Zahn mit seiner Wurzel steckt, Anm.) wurde dabei eingedrückt. „Im Anschluss daran tötete Kollitsch Julia Kührer auf nicht mehr feststellbare, jedoch jedenfalls gewaltsame Art“, heißt es in der Anklageschrift. Verteidiger Farid Rifaat wehrt sich gegen dieses Bild: „Es gibt gar keinen Anhaltspunkt, dass Julia Kührer getötet wurde.“ Und auch beim Zeitablauf, den die Staatsanwaltschaft zeichnet, sieht er Fehler. „Die Rechnung geht nicht auf.“

Laut Staatsanwalt soll sich der Übergriff in der Videothek in Pulkau ereignet haben. Dorthin soll Julia gegangen sein, als sie am 27. Juni 2006 von der Schule heimkehrte. Vermutlich, um die Droge Crystal Meth zu kaufen. Kollitsch soll, das bestätigen Zeugen, damit gehandelt haben. Pro Gramm verlangte er 100 Euro. Dann, ist der Staatsanwalt überzeugt, gab es sexuelle Übergriffe. Als Julia sich wehrte, soll Kollitsch zugeschlagen haben.

Molotow-Cocktail

„Aus Angst vor Entdeckung versteckte er den Leichnam vorerst im Bereich der Videothek und wartete bis in die Abendstunden, um ihn im Schutze der einfallenden Dämmerung mit dem von ihm genutzten Pkw auf sein Grundstück in Dietmannsdorf zu bringen“, heißt es in der Anklage weiter. Mit Hilfe einer Scheibtruhe dürfte der 51-Jährige Julias Körper in den Keller gebracht, in Jutesäcke und eine blaue Decke gewickelt und mit Brandbeschleuniger übergossen haben. Dann soll er einen Molotow-Cocktail auf den Leichnam des Mädchens geworfen haben. Nicht nur der Keller weist starke Brandspuren auf. Auch die Griffe der Scheibtruhe.

Verwesungsgeruch

In diesem Zusammenhang gibt es auch eine schaurige Zeugenwahrnehmung. Das „Cold Case“-Ermittlungsteam um Chefinspektor Kurt Linzer hat Hunderte Zeugen befragt. Einer davon ist Rudolf T., der sich noch an „grauenvollen Verwesungsgeruch“ an den Tagen nach Julias Verschwinden in der Nähe von Kollitschs Haus erinnern kann. Der Gestank hat laut Staatsanwaltschaft auch die Hunde des Angeklagten angelockt, sodass er den Erdkeller mit Holzbrettern verbarrikadieren musste.

Einen wesentlichen Anteil hat auch das Gutachten von DNA-Spezialistin Christa Nussbaumer. Es wurden nicht nur Kollitschs Hautschuppen auf der blauen Decke, in die die Leiche eingewickelt war, sichergestellt. Faserreste der Decke fanden sich auch auf einem Sessel von Michael Kollitsch in dessen Wiener Wohnung.

Die letzten Stunden der Julia Kührer

Kollitsch bestreitete bis zuletzt, etwas mit dem Tod der 16-jährigen Schülerin im Juni 2006 zu tun zu haben. Doch die Staatsanwaltschaft ist sich sicher: Der 51-Jährige hat die Schülerin getötet, als sie sich gegen sexuelle Übergriffe wehrte.

Und sie beleuchtete auch intime Details aus dem Leben des Verdächtigen. So soll er sich zu jungen, zierlichen, schwarzhaarigen Frauen hingezogen gefühlt haben – diese Beschreibung trifft auch auf Julia Kührer zu. Auch soll er eine Praktikantin in der Videothek sexuell belästigt haben.

Internet-Suche

Die Ermittler zeichnen aber auch ein fragwürdiges Verhältnis Kollitschs zu Frauen. So wurden auf dem PC des Angeklagten einschlägige Internet-Abfragen nachgewiesen: „Sex mit toten Frauen“, „K.-o.-Tropfen und Vergewaltigung“ und „Sex mit Kindern“.

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