Das Leben als Hochbegabter

Das Leben als Hochbegabter
Ein 15-jähriger Niederösterreicher studiert an der WU und träumt von Gerechtigkeit für alle.

Wenn du glaubst, dass ich noch ein halbes Jahr in den Kindergarten gehe, dann irrst du dich. Das ist mir zu blöd“, sagte Mathias Prehofer aus Mauerbach (NÖ) zu seiner Mutter. Damals war er fünf. Heute ist er 15 und studiert an der Wiener Wirtschaftsuni.

Mathias hat eine außergewöhnliche Auffassungsgabe. Er spricht gut Englisch und Spanisch, ein wenig Französisch und lernt gerade Latein. Außerdem spielt er Klavier und Orgel, plaudert über die aktuellen Korruptionsskandale und zitiert aus dem Gedächtnis aus einem Theaterstück, das er vor Monaten gesehen hat. Ansonsten ist Mathias ein ganz gewöhnlicher 15-Jähriger. Brillenträger, eher klein, aber athletisch. Schließlich trainiert er vier Mal pro Woche Mixed Martial Arts, eine ziemlich harte Kampfsportart. Am Wochenende geht er gerne mit Freunden weg.

„Man hat schon früh gemerkt, dass er anders ist als gleichaltrige Kinder“, erzählt seine Mutter Michaela Prehofer, die noch drei ältere Söhne hat. Mit 18 Monaten konnte Mathias schon ganze Sätzen sprechen, mit vier lesen, mit fünf den Computer bedienen. Da haben die Eltern, beide studierte Informatiker, ihren jüngsten Sohn zum ersten Mal psychologisch testen lassen. Die Ergebnisse belegten seine hohe intellektuelle Begabung. „Gezielt gefördert haben wir ihn aber nie“, sagte seine Mutter. „Er hat sich immer selbst für Wissen interessiert.“

Das Leben als Hochbegabter
Mathias und Eltern

Verhaltensauffällig

Die Schule war für Mathias kein Problem. Jedenfalls, was das Lernen betrifft. In seiner sozialen Entwicklung hinkte er den Schulkameraden aber hinterher. Er machte sich schon in der Volksschule Gedanken über soziale Probleme und die Gleichaltrigen verstanden nicht, wovon er redet. Zudem war er übergewichtig. Seine Mitschüler mieden ihn. Die Lehrer wies er auf ihre Fehler im sozialen Umgang hin. „Mathias war immer sehr gerechtigkeitsempfindsam. Er hat nicht verstanden, dass es manchmal gescheiter ist, einfach den Mund zu halten“, erzählt Vater Reinhard. Autoritäten hat er keine akzeptiert. Das führte zu massiven Problemen mit Lehrern. „Viele Leute fragten sich: „Wenn er so begabt ist, warum kann er sich nicht benehmen?Die bilden sich ja nur ein, dass er hochbegabt ist.“

Selbstlernverfahren

Die dritte und vierte Klasse der Unterstufe absolvierte der unangepasste Bub daher im Selbstlernverfahren zu Hause. Im Gymnasium Baden legte er dann die notwendigen Prüfungen ab.

Vor etwa zwei Jahren fing Mathias an, zu sporteln und nahm 30 Kilo ab. „Seitdem er nicht mehr Derjenige ist, der anders ist und anders ausschaut, gibt es keine Probleme mehr im Umgang mit anderen Menschen“, sagt die Mutter sichtlich stolz. „Er hat einfach Zeit gebraucht, um in seiner sozialen Reife nachzuziehen.“ Mathias ergänzt: „Ich versuche jetzt so normal wie möglich zu sein und mich der Gruppe anzupassen.“

Mit 13 stieg er wieder in die Schule ein, und zwar gleich in die erste Klasse der Oberstufe des Privatgymnasiums Infinum in Hetzendorf. Heute ist er in der siebten und fing im Oktober parallel dazu an, Wirtschaftsrecht zu studieren. Das Programm „Schüler an die Uni“ vom Österreichischen Zentrum für Begabtenförderung und Begabungsforschung macht’s möglich.

Menschenrechtsanwalt

„Es ist ein Wunsch von mir, eine Art Gerechtigkeit zu schaffen, und ich denke, dass jeder Mensch ein Anspruch auf sein Recht hat“, sagt der 15-Jährige. Diesen Traum möchte er als Anwalt verwirklichen. Bereits mit sieben war ihm sein Berufswunsch klar. Sein Ziel: „Die Welt zu verbessern und sich für Frieden einzusetzen.“

Dafür hat Mathias bereits einen ganz konkreten Plan. Sein Geld möchte er als Wirtschaftsanwalt verdienen, um „als Menschenrechtsanwalt den Leuten helfen zu können“. Zeit lassen möchte sich der junge Mann dafür nicht, er stellt hohe Anforderungen an sich selbst. „Ich möchte schnellstmöglich mein Studium beenden.“

„Man soll genau hinschauen, was das eigene Kind gerne tut. Das sind oft Indizien für Begabungen“, erklärt Katja Higatzberger, Begleitlehrerin für Begabtenförderung am Gymnasium Infinum in Wien-Meidling und Begabungsexpertin.

Etwa drei Prozent der österreichischen Kinder sind hochbegabt. Weitere 15 bis 20 Prozent haben Potenzial zu Hochleistungen. „Damit aus Potenzial auch Hochleistung wird, muss man das Kind richtig fördern“, erklärt die Expertin. „Damit meine ich aber nicht: noch ein Kurs und noch ein Kurs und noch ein Kurs.“ Haben Kinder einen Entwicklungsvorsprung gegenüber Gleichaltrigen, entsteht bei den Eltern und Lehrern ein Anspruch auf Hochleistungen, sagt Higatzberger. Das kann ein Kind überfordern.

Eigene Motivation

Die eigene Motivation der Kinder ist entscheidend. „Man soll Zeit in das eigene Kind investieren und genau schauen, wofür es sich interessiert“, sagt die Expertin, die selbst vier Kinder hat. Merkt man, dass der Sprössling beispielsweise viel und gerne mit Legosteinen spielt, könnte es auf ein gutes räumliches Denkvermögen hindeuten. „Hat man das Potenzial erkannt, ist es wichtig, eine förderliche Umwelt zu schaffen.“

Wichtig ist, die passende Schule auszusuchen. „Kinder, die viele Fertigkeiten haben, bevor sie in die Schule kommen, passen nicht immer ins System“, weil sie andere Bedürfnisse haben, erklärt die Expertin. Die Lehrer sind damit oft überfordert.

www.begabungsexpertin.at

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