Augenarzt und Optiker als "aggressive Organisationseinheit"

Augenarzt Fengler mit seiner Lebensgefährtin und Ordinationshilfe.
Facharzt aus NÖ kooperierte mit Optiker und wurde wegen verbotener Werbung verfolgt.

Augenarzt und Optiker unter einem Dach, Tür an Tür, wie praktisch. "Ich habe viele ältere Patienten", sagt Dr. Maximilian Fengler: "Sie sehen und hören schon schlecht, kommen auf Krücken oder mit dem Rollator und sollen keine weiten Wege mehr machen müssen."

Deshalb hat er sich in seiner Ordination in Zistersdorf (Bezirk Gänserndorf), NÖ, mit einem Optiker zusammengetan.

Den "Augen-Auf-Optikern", einem Zusammenschluss von rund 30 Optikern, war das allerdings ein Dorn im Auge: Durch das Anbieten einer kompletten Versorgung von Untersuchung, Diagnose sowie Beratung und Verkauf der Sehhilfen in dieser "aggressiven Organisationseinheit" versetze der Arzt seine Patienten in eine "psychische Notlage". Sie hätten keine Chance mehr, aus der "Zwangslage" – alles auf einmal zu erhalten – zu entkommen und Preisvergleiche anzustellen.

Fengler sagt, er sei der erste Augenarzt in der Gegend seit 50 Jahren. Dass die umliegenden Optiker "durch mein Auftauchen Einbußen hatten", sei ihm schon klar. Aber Ordinationsgemeinschaften – auch zwischen Augenarzt und Optiker – seien doch schon gängige Praxis, auch in Wien kennt man das.

Nach Undercover-Ermittlungen eines als Patient getarnten Detektivs klagte die Mitgliedergesellschaft das Gespann Augenarzt-Optiker wegen unlauterem Wettbewerb. Und zwar durch drei Instanzen bis hinauf zum Obersten Gerichtshof (OGH). "Wie eine Dampfwalze", sagt der Wiener Anwalt von Fengler, Martin Neuwirth.

Allerdings blitzten die Kläger – mit einer kleinen Ausnahme – in allen drei Instanzen ab: Die räumliche Nähe zwischen Arzt und Optiker ist keine Werbemaßnahme und keine Propaganda des Arztes für den Optiker. Es ist halt einfach bequemer für die Patienten.

Anstandshalber

Einen "moralischen Kaufzwang" konnten die Gerichte nicht erkennen, "weil sich der Durchschnittsverbraucher nach einem Arztbesuch vernünftigerweise nicht veranlasst sehen werde, "anstandshalber" bei dem Optiker nebenan eine Brille zu kaufen. Umgekehrt werde sich niemand, der sich für eine Brille interessiere, verpflichtet fühlen, Dr. Fengler als Facharzt zu wählen.

Maximilian Fengler ist erleichtert. Hätte er den Prozess verloren, "wäre das der wirtschaftliche Ruin für mich gewesen."

Ein kleiner Wermutstropfen trübt die Freude. Die Kläger hatten einen Detektiv in der Ordination eingeschleust. Und dieser vermeintliche Patient will gehört haben, wie ihm Fenglers Ordinationshilfe empfohlen habe, mit der Verschreibung für eine Brille gleich nebenan zum Optiker zu gehen. Das wäre laut OGH eine wettbewerbsverzerrende Werbung, und darüber muss noch extra verhandelt werden.

Fengler und Anwalt Neuwirth sehen dem gelassen entgegen. Der Arzt sagt, er habe seine Mitarbeiterin von Anfang an angewiesen, die Patienten nicht zu dem benachbarten Optiker zu schicken. Obwohl die Auskunftsverweigerung bei der Frage eines Patienten nach einem Fachgeschäft in der Nähe für eine Augenarzt-Ordination schon sehr seltsam anmutet.

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