"Mit dem Publikum auf Augenhöhe"

Der Linzer Hauptplatz als Freiluft-Bühne
200.000 Menschen pilgern an drei Tagen durch die Linzer Innenstadt: Straßenkunst geballt.

30 Jahre Linzer Pflasterspektakel – das beeindruckt den Schweizer Künstler This Maag nur ein bisschen. Immerhin war er bei 23 der 30 Jahre mit seinen Programmen mit dabei in der oberösterreichischen Landeshauptstadt: "Ja, ich bin der Dinosaurier hier. Aber ich komme immer wieder gerne, weil hier mit viel Liebe und Idealismus gewerkt wird." Und zum Glück verstehe das Linzer Publikum Spaß. "Hier auf der Straße erreiche ich alle Leute, jeder darf zuschauen", sagt This Maag.

Aus 30 Nationen

Wenn Samstagabend die letzten Auftritte anstehen, werden mehr als 200.000 Menschen gestaunt und gelacht haben. 300 Künstler aus 30 Nationen bereichern an drei Tagen eines der größten Straßenkunstfestivals in Europa – von Jonglage und Artistik, über Comedy bis hin zu Musik und Tanz ist alles dabei. Gagen gibt es nicht, alle Künstler spielen "auf Hut", sprich sie sind darauf angewiesen, wie spendabel das Publikum ist.

"Die Linzerinnen und Linzer sind großzügig, die wissen, dass wir von ihnen abhängig sind", sagt der Schweizer Comedian.

Familie Pauer aus Linz ist mit Sohn Felix auf dem Hauptplatz unterwegs und freut sich über die Abwechslung und die Zwanglosigkeit: "Wir gehen einfach herum und schauen uns um, es ist ein tolles Angebot hier. Wann wir heimgehen, hängt von unserem Kind ab." Auch zwei Nonnen sind begeistert: "Es gibt so viel Brutalität in dieser Welt. Da ist es doch schön, wenn die Menschen so friedlich und mit einem Lächeln im Gesicht miteinander feiern können."

Neu ist heuer das riesige Zelt vor dem Mariendom, das extra für das Jubiläumsjahr konzipiert wurde. Hier finden jeden Abend die beliebten Kaleidoskopnächte statt: Knapp und prägnant geben hier verschiedene Künstler Kostproben ihres Könnens. Und auch die Programme für Familien gibt es im Rund unter der Zeltkuppel.

Hier ist der Arbeitsbereich von Nicole Bäumer, die für ihre Show in die Rolle von Lucy Lou schlüpft. Mit ihrem Waschlappen-Theater bringt sie abenteuerliche Geschichten an ihr junges Publikum, alle Utensilien hat die 36-jährige Deutsche selbst gebastelt. Wenn Nicole Bäumer im Wohnmobil von Straßenfestival zu Straßenfestival reist, tut sie das nicht alleine. Mit dabei sind ihr Mann und ihre drei Kinder: Henriette, 7, Paula, 4, und der einjährige Jonte. "Ich wusste nach der Schule sehr schnell, dass ich doch nicht Lehrerin, sondern lieber Straßenkünstlerin werden möchte. Ich bin nämlich eine Kreissammlerin: Ich mag es, mitten in einem Kreis von Menschen zu sein."

Langsames Leben

Gerade auf der Straße sei sie mit dem Publikum auf einer Ebene, "hier bin ich geerdet, kann allen auf Augenhöhe begegnen". Dieses freie, langsame Leben auf Reisen im Wohnmobil empfinde sie als großes Geschenk. "Unsere schulpflichtige Tochter ist als so genanntes "reisendes Kind" registriert und wird von mir unterrichtet, das funktioniert bestens. Ich habe mir mein Leben immer so gewünscht." Bäumers Mann Martin Dronsfield ist ebenfalls als Künstler beim Pflasterspektakel aktiv. Als grotesk-liebenswerter Clown erschreckt der die Menge.

Was als kleines Festival in den 1980er-Jahren begann – damals zitterten die Organisatoren noch, ob und wer von den Künstlern nun tatsächlich in Linz erscheinen würde, ist mittlerweile eine echte Großveranstaltung. Der Schweizer Straßenkünstler This Maag bringt es auf den Punkt: "Heute wollen alle in Linz auftreten, es gibt jedes Jahr einen großen Ansturm auf die Plätze." Denn abgesehen von der guten Organisation und Umsetzung sei das Pflasterspektakel vor allem eines: "Ein riesiges, friedliches Fest mit einer wunderbaren Stimmung."

www.pflasterspektakel.at

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