Vorzug für vorgezogenen Wahltag

Der vorgezogener Wahltag kam nicht nur in Siegendorf an - Regenwetter hin oder her
8,5 Prozent nutzten die Möglichkeit, die Stimme schon am Freitag abzugeben.

Dass zur Premiere des vorgezogenen Wahltags das Kaiserwetter ausblieb und stattdessen Salzburger Schnürlregen das beginnende Pfingstwochenende trübte, konnte die Siegendorfer am Freitag nicht bremsen: Schon kurz nach Wahlstart um 14 Uhr herrschte rund ums Rathaus so reges Kommen und Gehen, dass selbst Bürgermeister Rainer Porics (SPÖ) überrascht war. "Super" lautete der Tenor ob der Möglichkeit, schon neun Tage vor dem Wahlsonntag am 31. Mai die Stimme abgeben zu können, quasi im Vorbeigehen – von der Arbeit kommend oder auf dem Weg zum Einkaufen.

Manche nutzten den zweiten Wahltag aber auch als Ersatz für die Wahlkarte, weil sie am Wahlsonntag etwa im sonnigen Süden urlauben. "Das ist sehr gescheit", zeigte sich auch Franz Juraszovits zufrieden, "warum ist das nicht schon früher jemandem eingefallen"? Am Ende des Tages hatten schließlich 323 Siegendorfer ihre Stimme abgegeben, mehr als beachtliche 14 Prozent aller Wahlberechtigten.

Landesweit waren es 8,5 Prozent oder 21.438 der insgesamt rund 250.000 Wahlberechtigten. Spitzengemeinde war Heugraben mit 50 Prozent.

Die 3000-Einwohner-Gemeinde Siegendorf bildete mit Güssing und Marz die Speerspitze beim vorgezogenen Wahltag, der nach steirischem Vorbild heuer erstmals auch im Burgenland stattfand (siehe Zusatzbericht unten). Schon um 14 Uhr wurden in diesen drei Kommunen die Türen zum Wahllokal geöffnet. Die meisten der 171 Gemeinden verlegten die Wahlzeit auf den Abend. Beliebteste Öffnungszeit war 18 Uhr (83 Gemeinden), häufigste Schlusszeit um 20 Uhr (102 Kommunen). Nachzügler war das nordburgenländische Pama, wo erst um 21 Uhr die Lichter ausgingen. Zahlreiche Bürger hätten zwar ihr Interesse bekundet, "wir wissen aber nicht, wie viele am Freitagabend wirklich kommen", hatte SPÖ-Bürgermeister Josef Wetzelhofer im Vorfeld den späten Schlusspfiff begründet.

Bischof wählt

In Eisenstadt, wo die Wahlkommission von 16 bis 20 Uhr ihres Amtes waltete, war Bischof Ägidius Zsifkovics unter den ersten Stimmbürgern. Geduldig harrte der katholische Oberhirte in der langen Schlange im Foyer des Rathauses aus. Er sei am Wahlsonntag mit Pfarrvisitationen eingedeckt und nutze deshalb gerne den zweiten Wahltag, ließ Zsifkovics den KURIER wissen – und: "Möge die Wahlbeteiligung steigen". Je ein Wahllokal war auch in den Ortsteilen Sankt Georgen und Kleinhöflein eingerichtet.

In Oberwart sperrte das Wahllokal im Rathaus um 17 Uhr auf. Schnell bildete sich eine Schlange durch den ganzen Vorraum. "Mit so viel Andrang haben wir nicht gerechnet, es waren 244 Wähler hier", sagte ÖVP-Bürgermeister Georg Rosner. Auch im Süden wurde der zusätzliche Tag gern angenommen. "Wir sind mit unserem Erstwähler hier, um ihn am Sonntag nicht aufwecken zu müssen, damit er zur Wahl geht", begründete eine Mutter, die gemeinsam mit ihrem Sohn die Stimme abgab. Junge sind die Hauptzielgruppe, für die dieser vorgezogene Wahltag eingerichtet wurde. Alle, die nach 1984 geboren wurden, werden erfasst. "Wir haben eine Liste geführt und müssen das Ergebnis heute noch der Behörde bekannt geben", sagte Rosner Freitagabend. Das Alter der Wartenden bildete einen Querschnitt der Bevölkerung. Der Wahlsonntag werde dann entspannter ablaufen.

In Güssing war das Wahllokal schon ab 14 Uhr geöffnet. "Nach einer guten Stunde hatten bereits 2,5 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben", vermeldete Güssings SPÖ-Stadtchef Vinzenz Knor. 6,27 Prozent, also 202 Personen, waren es am Abend. "Wir sind sehr zufrieden", sprach Knor wohl für viele seiner Kollegen – der Mehraufwand war nicht unbelohnt geblieben.

In der Steiermark gibt es den vorgezogenen Wahltag schon seit 2005 bei Landtags- und Gemeinderatswahlen, im Burgenland wurde er gestern, Freitag, erstmals erprobt. Im Zuge der Verfassungsreform hatten sich die Regierungsparteien im vergangenen Jahr nicht nur auf die Abschaffung des Proporzes, sondern auf ein umfassendes Paket geeinigt – der zweite Wahltag war der SPÖ ein besonderes Anliegen.

In jeder Gemeinde musste zumindest ein Wahllokal für die Dauer von jeweils zwei Stunden geöffnet haben, verbindliche Kernöffnungszeit: 18 bis 19 Uhr. Die Freitag-Stimmen wurden allesamt versiegelt und werden erst am Wahlsonntag, dem 31. Mai, von einer vorab festgelegten Wahlbehörde ausgezählt. Dieser zweite Wahltag sollte insbesondere Pendler und junge Menschen ansprechen.

Man erhofft sich davon zumindest ein Halten der Wahlbeteiligung, die bei der Landtagswahl 2010 mit 77,3 Prozent erstmals seit 1945 unter die 80-Prozent-Marke gerutscht ist. In der Steiermark waren zuletzt rund 5,7 Prozent aller Stimmen am ersten Wahltag abgegeben worden. "Ein wichtiger Schritt", befindet Politikwissenschafter Peter Filzmaier, aber "die Wahl wird nicht am vorgezogenen Wahltag entschieden".

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