Leichte "Beute" für Ausbeutung

Die "krassesten Missstände" gibt es laut Erfahrung des IGR in der Landwirtschaft
Ungarische Arbeitnehmer werden oft um gerechte Entlohnung und zustehende Ansprüche geprellt.

Ein ungarischer Hilfsarbeiter, der bei einem Seewinkler Bauern drei Jahre lang gearbeitet hat, bricht sich – in seiner Freizeit – ein Bein und wird sofort entlassen. Angeblich, weil ihn sein Arbeitgeber im Krankenstand nicht erreichen konnte. Dann stellt sich heraus, dass der Ungar zwar voll gearbeitet hat, aber nur 20 Stunden angemeldet war.

Fälle wie dieser landen zu Hunderten beim Interregionalen Gewerkschaftsrat IGR, einer Initiative, bei der ÖGB im Burgenland und die Gewerkschaft MSZOSZ in Westungarn zusammenarbeiten. Seit 2008 werden kostenlose Beratungen für ungarische Arbeitnehmer angeboten, die bei österreichischen Firmen beschäftigt sind. "Theoretisch wären wir auch für Österreicher, die in Ungarn beschäftigt sind, da. Aber die brauchen uns nicht", meint Bertold Dallos, Projektleiter des IGR.

Mehr als notwendig ist aber die Information für die Ungarn. Vor allem jene, die am Bau, in der Landwirtschaft, im Gastgewerbe und in der Sparte Verkehr beschäftigt sind. "Ungarische Arbeitnehmer beherrschen weder die Sprache richtig, noch kennen sie die rechtlichen Vorschriften", bringt Dallos die Probleme auf den Punkt.

Die "krassesten Missstände" würden dem Beraterteam in der Landwirtschaft unterkommen, berichtet Dallos. Die Palette reicht von "Tageslöhnen" von 20 Euro bis zu "unmenschlichen" Arbeitsbedingungen, wenn es weder Toiletten noch die Möglichkeit zum Händewaschen gibt. Bauern könnten mit solchen Methoden durchkommen, weil der Verdrängungswettbewerb in dieser Branche am größten sei, meint Dallos: "Wenn sich jemand beschwert, kommt das Argument, dass schon etliche andere auf den Job warten. Und das stimmt meist auch."

In der Landwirtschaftskammer (LWK) Burgenland, hat man mit diesen schwarzen Schafen kein Freude. "Da gibt’s kein Pardon, die Haltung der Kammer ist eindeutig: Keiner soll glauben, dass er mit Lohndumping oder Schwarzarbeit durchkommt", stellt der stellvertretende Kammerdirektor Gerhard Mitrovits klar. Die LWK habe zwar kein Recht, Kontrollen in Betrieben durchzuführen, aber man setze auf Beratung. Denn "das Problembewusstsein bei den Bauern ist noch nicht so gegeben", formuliert es Mitrovits. Spätestens dann, wenn ein Jahresausgleich gemacht oder ein Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt werde, fliegen falsche Abrechnungen bzw. Meldungen aber auf.

Generell würden Ungarn immer noch als Billigarbeitskräfte angesehen. "Das gibt es aber nicht, egal woher, alle müssen gleich bezahlt werden", betont Dallos, "das ist auch im Sinn der Wirtschaft, weil es so keine Wettbewerbsverzerrung gibt."

Warum Ungarn trotz allem in Österreich arbeiten wollen, ist laut Dallos leicht erklärt: "Die Wirtschaftslage in Ungarn ist immer noch dermaßen schlecht, das Gefälle zu Österreich groß und die Löhne hier viel höher."

http://www.igr.at

Kommentare