"Heimweh hat mich sehr geplagt"

Zukunftsberuf? Jeder dritte Pfleger fühlt sich überlastet.
Arbeitslosigkeit zwingt rumänische Frauen dazu, ihre Heimat zu verlassen, um hier zu arbeiten.

Die Zahl betreuungsbedürftiger Personen steigt und das heimische Pflegepersonal ist rar – auch im Burgenland. Laut Wirtschaftskammer sind österreichweit derzeit 64.920 Personen als sogenannte Personenbetreuer gemeldet, die als Pflegekräfte in Österreich arbeiten. Das Burgenland rangiert mit 4968 Anmeldungen im Bundesländervergleich an fünfter Stelle. Tendenz steigend, denn im September 2013 waren es noch etwa 500 weniger.

Rund 47 Prozent der Personenbetreuer stammen aus der Slowakei, 40 Prozent aus Rumänien, nur zwei Prozent aus Österreich. Der Grund liegt auf der Hand: Geld. In der Slowakei und Rumänien gibt es kaum gut bezahlte Jobs. Um sich das Leben finanzieren zu können, nehmen deshalb viele eine lange Reise auf sich – Heimweh inklusive. Der KURIER hat zwei junge Frauen besucht.

Harter Arbeitsalltag

Wie Zwillinge haben sich Lorena und Jedida für den Besuch des KURIER angezogen. "Wir sind Cousinen, aber eigentlich beste Freundinnen", sagt Lorena. Die beiden jungen Frauen sind fröhlich, lachen. Man sieht es ihnen nicht an, dass sie mit ihren jungen Jahren bereits die harte Schule des Lebens kennengelernt haben. Denn mit gerade einmal 20 Jahren haben sie ihre Heimat verlassen, um im Burgenland als Pflegerinnen zu arbeiten.

"In Rumänien habe ich eine Grafikschule besucht. Als ich mit der Schule fertig war, wollte ich gleich einmal Geld verdienen, um später studieren zu können. Meine Eltern sind zwar nicht arm, aber bei sieben Geschwistern geht es nicht anders", sagt Lorena. "Von einer Freundin habe ich gehört, dass eine alte Frau in Österreich Hilfe braucht. Weil ich in der Schule auch Deutsch gelernt habe, dachte ich mir, ok, ich probiere es."

Das war vor drei Jahren. Heute ist Lorena 23. Vor rund eineinhalb Jahren ist ihre 21-jährige Cousine Jedida nachgekommen. "Ich habe nicht gedacht, dass ich solange in Österreich bleiben werde, weil am Anfang hat mich das Heimweh sehr geplagt."

Heute arbeiten beide in der südburgenländischen Gemeinde Tobaj. Lorena versorgt eine 83 Jahre alte Dame, Jedida kümmert sich um einen 95-jährigen Herrn. Sieben Tage die Woche gleicht ein Tag dem anderen. Die Freizeit ist auf zwei Stunden pro Tag begrenzt. "Wir gehen spazieren, Rad fahren oder treffen uns einfach im Garten zum Tratschen."

Zwei Monate verbringt Lorena hier, dann zwei Monate in Rumänien. Immer im Wechsel – Anlässe wie Weihnachten werden nicht berücksichtigt. In wenigen Tagen fährt sie nach Hause. Jedida kommt im August nach. Die Auszeit können die beiden kaum mehr erwarten. "In Rumänien haben wir viele Freunde, gehen aus. Hier haben wir bislang keine Freunde gefunden. Aber dafür haben wir auch gar keine Zeit."

"Regina will‘s wissen" lautet der Slogan von Regina Petrik, die sich ein Jahr Auszeit von der Politik nimmt, um "das Leben zu lernen", wie sie meint (der KURIER berichtete).

Nach jeweils einem Monat bei der Pannonischen Tafel, im Supermarkt und der Gastronomie sammelte sie im Juni erste Erfahrungen als Altenpflegerin in der Diakonie Gols.

Vier Wochen lang hat sie die Mitarbeiter im Altenheim bei der Pflege von Bewohnern unterstützt. Obwohl sie keine medizinisch-pflegerischen Tätigkeiten alleine ausführen durfte, konnte sie dennoch bei der Körperpflege, beim Sauberhalten der Zimmer und beim Essen Hilfestellung geben. Schon nach der ersten Woche beschrieb sie in ihrem Blog, wie anstrengend die Arbeit als Pflegehelferin: "Das sind immense Herausforderungen, und das Meistern dieser Herausforderungen wird in unserer Gesellschaft wenig Wert-geschätzt. Wundert es da einen, wenn es schwer ist, dafür genügend gutes Personal zu finden?"

Petrik fordert daher eine angemessene Wertschätzung in Form von angemessener Entlohnung. Voraussetzung dafür ist laut Petrik, eine rasche Vereinheitlichung von angemessenen Tagsätzen, die den Pflegenden genügend Zeit für qualitätsvolle Arbeit lässt. Denn "Menschen, die auf die Hilfe anderer angewiesen sind, um überleben zu können, dürfen nicht möglichst schnell abgefertigt werden. Gewaschen, gepflegt und medizinisch versorgt werden darf nicht ausschließlich aus der Perspektive von Minutenvorgaben und Effizienz erfolgen. Auch nicht dann, wenn die öffentliche Hand die Kosten dafür trägt", lautet ihr Fazit.

Die Erfahrungen von Regina Petriks Lehrjahr gibt es nachzulesen auf www.reginapetrik.at

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