Der Richter und sein liebster Strafraum

Dr. Marc Farkas, Richter und Fußballer, in Oberwart. Beim Fußballklub spielt er seit 2003
Der Kapitän der SV Oberwart ist seit drei Jahren Richter am Landesgericht für Strafsachen in Wien.

Wenn der Fußballer Marc Farkas über Fehlentscheidungen von Schiedsrichtern spricht, lässt er Milde walten: Denn "wo Menschen am Werk sind, können Fehler passieren", will der bald 34-jährige Kapitän der Sportvereinigung (SV) Oberwart über falsche Pfiffe auf dem grünen Rasen nicht lamentieren.

Als Richter am Wiener Straflandesgericht kennt Marc Farkas hingegen keine Kulanz – sich selbst gegenüber, wohlgemerkt. Auch nur eine einzige Fehlentscheidung wäre dem Juristen ein Gräuel. Denn hier geht’s nicht bloß um die schönste Nebensache der Welt, sondern um die Hauptsache, die Existenz von Menschen.

Dabei wollte der Unterwarter, der Marc und nicht Mark heißt, weil sich seine frankophile Mutter bei der Namenswahl gegen den Vater durchsetzte, zunächst den Fußball zur Hauptsache seines Lebens machen. Mit 16 Jahren war er Ende der 1990er Jahre aus dem Südburgenland ins Internat des Leistungszentrums Südstadt (NÖ) gekommen und hatte dort Seite an Seite mit dem späteren ÖFB-Teamspieler Marc Janko gespielt. "Ich habe rasch gemerkt, dass die Luft nach oben dünn ist", erinnert sich Farkas dennoch gerne an diese Zeit zurück.

Medizin oder Jus

Nach der Matura schwankte er zwischen Medizin und Jus – und entschied sich rückblickend betrachtet für das Richtige. "Bald nach Studienbeginn habe ich mein Faible für die Juristerei entdeckt." Damit hat er scheinbar eine neue Familientradition begründet, auch seine jüngere Schwester Eva-Maria ist angehende Juristin.

Auch sportlich stellte der Stürmer damals die Weichen neu und wechselte 2003 von den Admira Juniors zur SV Oberwart. Dem Verein hält er seither durch alle Höhen und Tiefen die Treue. Zwei Mal wurde der Süd-Klub Landesliga-Champion, drei Mal musste man den Abstieg aus der Regionalliga Ost antreten, zuletzt nach der abgelaufenen Saison. So lange "ich mich fit fühle und der Mannschaft helfen kann, will ich weiterspielen", lässt der Stürmer mit der Rückennummer acht wissen.

Beruflich ging es in all den Jahren hingegen stets bergauf. Nach dem Studienabschluss in Mindestzeit dissertierte Farkas noch mit einer rechtsvergleichenden Studie zum Ehegatten-Erbrecht in Österreich und Ungarn. Als Mitglied der burgenländisch-ungarischen Volksgruppe ist der Unterwarter zweisprachig aufgewachsen. "Die Großeltern haben ungarisch mit mir gesprochen, die Eltern deutsch."

Ein Umstand, der ihm auch am Wiener Straflandesgericht hilft, wo er seit nunmehr drei Jahren als Einzelrichter und Vorsitzender im Schöffensenat tätig ist. Etwa wenn es um ungarischsprachige Zeugen oder Angeklagte geht oder ihn Kollegen um Hilfe bei Korrespondenzen mit Behörden des Nachbarlandes bitten.

Für Farkas selbst waren im Rahmen der juristischen Ausbildung seine zwei Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Verfassungsgerichtshof über die Maßen lehr- und hilfreich. Von den rechtskundlichen Matches auf höchstgerichtlichem Niveau profitiert der Richter auch in der täglichen Arbeit.

Akribie und Disziplin

Dort investiert Farkas viel Zeit in akribisches Aktenstudium, denn "was man vorher versäumt hat, kann man im Prozess nicht mehr aufholen". In besonders intensiven Wochen leitet der Strafrichter bis zu zehn Verhandlungen. Weil nach der Urteilsverkündung auch noch die schriftliche Ausfertigung wartet, sitzt er mitunter bis weit nach Dienstschluss über der Arbeit.

Umso lieber wechselt er dann vom PC in die "Packler", auch wenn er dafür zwei Mal wöchentlich von Wien nach Oberwart zum Training und retour fährt und fast 500 Kilometer herunterspult. Dabei, ist Farkas überzeugt, wirkt sich der Fußball auch positiv auf seinen Job aus: "Sport ist nicht nur Ausgleich, sondern hilft auch, in stressigen Situationen Ruhe zu bewahren. Außerdem habe ich mir auf dem Spielfeld Disziplin und Durchhaltevermögen angeeignet."

Durchhalten heißt es jetzt aber auch für die Oberwarter Kicker, denn nach drei Runden in der Landesliga liegt der auch finanziell angeschlagene Klub in der Tabelle punktelos und ohne Tor auf dem vorletzten Platz.

Aber ein Abstieg in die 2. Liga kommt für den Kapitän nicht in Frage. Dazu ist die schönste Nebensache denn doch zu wichtig und einen solchen "Fehler" würde sich Farkas wohl nicht verzeihen, weil: "Der Verein liegt mir sehr am Herzen."

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