"Der Landwirt ist heute ein Manager"

Seit 25 Jahren ist Hautzinger als Präsident im Burgenland unterwegs, mehr als eine Million Kilometer legte er zurück – ohne Chauffeur
Franz Stefan Hautzinger ist seit 25 Jahren Präsident der Landwirtschaftskammer Burgenland.

In den letzten zehn Jahren haben in Österreich etwa 24.000 Bauern ihre Betriebe geschlossen – rechnet sich die Landwirtschaft noch?

Das ist der Strukturwandel, etwa zwei bis drei Prozent geben pro Jahr ihren Betrieb auf. Dafür gibt es mehrere Ursachen. Viele haben keinen Hof-Übernehmer. Zum anderen sind die Betriebe einfach zu klein, um mit der Größenordnung ein entsprechendes Einkommen erwirtschaften zu können.

Wie groß muss ein Betrieb heute sein, damit er überleben kann?

Ackerbauern haben in etwa zwischen 100 und 200 Hektar, das ist eine Größenordnung wo man reüssieren kann. Gleichzeitig ist es sehr wichtig, dass jeder Betrieb kostenbewusst wirtschaftet. Aber es wird notwendig sein, dass die Agrarpolitik die entsprechenden Rahmenbedingungen schafft. Das heurige Jahr war typisch, die Landwirtschaft ist sehr verletzlich. Wir haben im Burgenland Schäden von 30 Millionen Euro durch Dürre. Die Regierung hat ein Maßnahmenpaket beschlossen und wir sind gerade dabei, dieses Geld (5 Mio. Euro Anm.) sinnvoll zur Abfederung unserer Betriebe einzusetzen.

Wo drückt bei den Bauern der Schuh am meisten?

Die Landwirte klagen natürlich über die niedrigen Marktpreise und gleichzeitig, dass die Kosten im Vergleichszeitraum höher gestiegen sind, als das Preisniveau. Wir können das nur durch die Agrarpolitik ausgleichen und mit Direktzahlungen die Bauern unterstützen sowie animieren Umweltleistungen zu erbringen.

Könnte die Landwirtschaft ohne Subventionen bestehen?

Ohne Förderungen oder, wie ich sage Leistungsentgelte kann ich es mir nicht vorstellen. Daher ist es so wichtig, dass wir auch nach 2020 dieses System beibehalten. Agrarpolitisch müssen wir uns schon überlegen, wo können wir unsere Betriebe unterstützen, um im Vergleich mit anderen Ländern nicht benachteiligt zu sein. Ein Beispiel ist der Agrardiesel, der fast in allen Ländern rückvergütet wird, bei uns aber nicht mehr.

Seit der Landtagswahl gibt es ein neues Regierungsmitglied im Agrarbereich, SP-Landesrätin Verena Dunst. Wie läuft die Zusammenarbeit?

Wir gehen sehr respektvoll miteinander um. Ich bin ein Interessensvertreter, mir geht es nicht ums tagespolitische Geschäft, sondern um die mittel- und langfristige Ausrichtung der Landwirtschaft und die Unterstützung unserer Betriebe. Dafür brauchen wir die agrarpolitischen Rahmenbedingen wobei das Agrarreferat ein wichtiger Player ist. Ich möchte sehr stark betonen, wenn es um ideologische Diskussionen, wie Eigentum, geht, werden wir beinhart eine klare Position einnehmen. Unser gemeinsames Ziel ist es, die Landwirtschaft im Burgenland voran zu bringen. Jeder ist gefordert, wir werden unseren Beitrag dazu einbringen.

Wenn sich die Politik ständig mit 50 Hektar Uhudler beschäftigt, verstehen das die Landwirte?

Da ist schon was dran. Das Thema Uhudler ist für die südlichen Bezirke ein emotionales. Bemessen an den 14.500 Hektar Weingärten ist der Uhudler ein verschwindender Anteil. Es geht um ein Produkt mit dem man die Region identifiziert. Ich bedauere, dass es zu diesen Auseinandersetzungen gekommen ist, viele Dinge sind hausgemacht, wie die Anzeigen. Ich glaube man sollte auch in der EU ansetzen und das Thema bis 2030 neu aufrollen (bis dahin dürfen die Reben im Burgenland gekeltert werden Anm.).

Wie sieht die Zukunft der Landwirtschaft aus?

Der Strukturwandel ist noch nicht abgeschlossen. Es wird noch in allen Bereichen eine Bereinigung geben. Aber es soll nicht so sein, dass wir am Schluss Strukturen haben, wie in anderen europäischen Ländern oder in Übersee mit großen Einheiten. Unser Ziel ist es, dass wir weiterhin eine flächendeckende Landwirtschaft aufrecht erhalten können, die von bäuerlichen Familienbetrieben getragen wird.

Projekte wie Stallbauten werden oft von Anrainern boykottiert, können Landwirte ihre Betriebsideen noch umsetzen?

Das ist ein heikler Punkt an dem wir uns manchmal fast die Zähne ausbeißen. Wir arbeiten ständig daran, dieses Bewusstsein zu schaffen, dass wir aus heimischer Produktion den Tisch decken wollen. Vor allem im tierischen Bereich gibt es diese Widerstände wenn man modernere Ställe errichten möchte, auch außerhalb des Wohngebietes. Zum einen sind es Tierschützer, die hier massiv Stimmung dagegen machen. Es geht darum, dass man eine gewisse Größe braucht, um konkurrenzfähig zu produzieren. Wenn das immer wieder verhindert wird, wird sich niemand finden, der in der Region dafür sorgt, dass es Lebensmittel gibt. Der Konsument wünscht die Regionalität, aber sehr oft lässt er sich beeinflussen, in seiner "Nähe" will er solche Anlagen nicht errichten zu lassen.

Wo kann ein junger Landwirt heute am Markt bestehen?

Damit er bestehen kann, muss er professionell arbeiten, braucht ein hohes Fachwissen und muss sehr innovativ sein. Ich glaube, unsere jungen Landwirte sind das in hohem Maße. Landwirtschaft muss für junge Menschen interessant sein, damit sie diesen Beruf anstreben.

Wie kamen Sie erstmals in Kontakt mit der Landwirtschaft?

Franz Stefan Hautzinger: Ich stamme aus einem landwirtschaftlichen Betrieb aus dem Seewinkel in Halbturn, wir hatten Wein- und Ackerbau mit etwas Viehzucht, wie es zu dieser Zeit üblich war. Es war allen von Anfang an klar, nachdem ich der einzige männliche Nachkomme war, dass ich den Betrieb der Eltern übernehme.

Was hat sich alles verändert?

Die Landwirtschaft ist heute 180 Grad anders, es hat sich alles verändert. Früher waren die Betriebe sehr klein, es gab viel Handarbeit, viele Arbeitskräfte. Der einzige Vorteil war, dass damals die Agrarpolitik die Märkte und die Preise geregelt hat, der Bauer musste nur produzieren. Heute ist der Landwirt ein Unternehmer und Manager, der sehr vielseitig sein muss. Landwirtschaft ist moderner, ökologischer und innovativer geworden.

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