Burgenlands einzige Synagoge verfällt

Die denkmalgeschützte Synagoge in Kobersdorf wird mehr schlecht als recht erhalten. Für größere Baumaßnahmen fehlt das Geld.
Eine Lösung ist noch immer nicht in Sicht. Dem Besitzer der Synagoge, einem Verein, fehlt das Geld für eine Sanierung.

Regelmäßig melden sich Kobersdorf-Besucher in der Kulturabteilung des Landes, die entsetzt sind über den Zustand der Synagoge in Kobersdorf – der einzigen der berühmten jüdischen Sieben-Gemeinden des Burgenlandes, die die Zerstörungswut während der NS-Zeit zumindest äußerlich unbeschadet überstanden hat.

Auf Forderungen, tätig zu werden, kann Dieter Szorger – in der Kulturabteilung als Referatsleiter für Wissenschaft, Bildung und EU-Kulturförderung zuständig – nur mit Bedauern reagieren: "Wir würden gerne, aber uns sind die Hände gebunden."

Festgefahren

Denn das Gebäude befindet sich im Besitz des "Vereines zur Erhaltung und kulturellen Nutzung der Synagoge Kobersdorf" und seit einem Rechtsstreit mit der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) Wien sind die Standpunkte aller Beteiligten offenbar festgefahren – mit dem Ergebnis "Nichts geht mehr".

Zur Vorgeschichte: 1994 hat die IKG die Synagoge um rund 30.000 Euro an den Verein, hinter dem Privatpersonen aus Wien mit Obfrau Naama Magnus an der Spitze stehen, verkauft. Da laut IKG die Auflagen, das Gebetshaus zu renovieren und ein Museum einzurichten, nicht erfüllt wurden, klagte die IKG auf Rückabwicklung des Vertrages. Wie der KURIER berichtet hat, wurde die Klage 2011 letztinstanzlich abgewiesen, der Verein blieb Eigentümer.

Während des Prozesses wurden seitens des Landes Förderungen für die Sanierung der Synagoge eingefroren. Daran habe sich bis heute nichts geändert, klagt Obfrau Magnus: "Seit 2010 bekommen wir keine Subventionen mehr. Größere Baumaßnahmen sind nicht möglich. Wir können nur das Notwendigste machen und Schäden reparieren."

Das will Dieter Szorger so nicht stehen lassen: Man habe dem Verein nach Prozessende ein Angebot gemacht, im Rahmen eines EU-Projektes 300.000 Euro für die Sanierung zur Verfügung zu stellen: "Das hat Frau Magnus abgelehnt." Die Ansichten, wie dieses "einzigartige Erinnerungsdenkmal" erhalten werden solle, gehen laut Szorger weit auseinander: "Wir wollen eine sanierte Synagoge, der Verein dagegen ein ,Monument des Zerstörung’ erhalten."

Das ärgert Naama Magnus: "Immer wieder kommt dieses alte Argument. Wir lassen die Synagoge doch nicht absichtlich verfallen, sondern führen unter großen Opfern seit Jahren Restaurierungsmaßnahmen durch." Warum sie die 300.000 Euro ausgeschlagen hat? "Die daran geknüpfte Bedingung, einen Vertrag mit der IKG zu schließen, kam für uns nicht in Frage."

Mit der Kultusgemeinde gebe es keinerlei Kontakt, wie beide Seiten betonen. Auch nach dem Urteil hat man dort die Hoffnung nicht aufgegeben. "Wir sind nach wie vor daran interessiert, den Verkauf rückgängig zu machen", sagt IKG-Generalsekretär Raimund Fastenbauer.

Ein "Schandfleck"

Nicht ungetrübt ist auch das Verhältnis zwischen Verein und Gemeinde, obwohl man bei Veranstaltungen (siehe Bericht rechts) kooperiert. Die Gemeinde wollte den Verein bzw. die Synagoge in ein Dorferneuerungsprojekt einbinden. "Das wurde abgelehnt", sagt Bürgermeister Klaus Schütz. Niemand im Ort sei glücklich mit der Situation, meint Schütz: "Wir sind stolz, dass wir als einzige Gemeinde diese Synagoge haben. Aber so wie sie seit Jahren verfällt, ist sie leider ein Schandfleck."

Einmal im Jahr öffnet der „Verein zur Erhaltung und kulturellen Nutzung der Synagoge Kobersdorf“ die Pforten der 1860 erbauten Gemeindesynagoge für Besucher und zwar im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Kultur im Tempel“.
Auch dieses Jahr ist es gelungen, Bruno Ganz für eine Lesung zu gewinnen. Der international bekannte Schauspieler, Träger des Iffland-Ringes, liest am Sonntag aus dem Roman „Azarel“ des ungarisch-jüdischen Autors Károly Pap, der 1945 im KZ Bergen-Belsen umkam. Den musikalischen Rahmen liefern Georg Winkler (Klarinette), Hubert Kellerer (Akkordeon) und Peter Aradi (Kontrabass) mit ungarisch-jüdischen Klängen.
Am 24. August gibt es einen weiteren Programmpunkt in Lackenbach. Ausstellung und Film befassen sich mit dem „Fall Tisza-Eszlar“, einem Dorf in Ungarn, in dem 1882/1883 15 Juden des Ritualmordes an einem Mädchen angeklagt wurden und der eine Welle von antisemitischen Ausschreitungen nach sich zog.
Am 14. September steht eine Exkursion ins Eisenstädter Ghetto und zur Synagoge Köszeg auf dem Programm.
Übrigens: Die Veranstaltungsreihe des Vereines wird aus dem Kulturbudget des Landes gefördert, seit 2002 mit insgesamt 13.000 Euro.

Lesung mit Bruno Ganz: Sonntag, 10. August, 16.30 Uhr; Synagoge Kobersdorf; Eintritt: 42 Euro; Karten: 0664 / 994 55 45 (Herren sollten eine Kopfbedeckung mitnehmen, diese kann aber auch ausgeborgt werden).

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