Wie Dr. Sommer meine Sexualität prägte

Wie Dr. Sommer meine Sexualität prägte
"Dr. Sommer" ist gestorben. Das "Dr. Sommer-Team" bleibt aber bestehen und wird weiter die Jugend über Sex aufklären. Mit dem Zeigefinger.

Als ich zehn Jahre alt war, galt das Bravo-Heftl als etwas für die "Älteren". Damit wurde es automatisch zu etwas Coolem für uns Jüngere. Für 16-Jährige sollte das Heft mit den "Nackaten" laut den Zeitungsmachern sein. Das Konzept, jeweils einen Jungen und ein Mädchen nackt abzubilden, zog sich von Beginn an durch und funktionierte. Auch wenn wir eher etwas angewidert davon waren, interessant war es dennoch. Manche hatten schon Schambehaarung, manche nicht und natürlich sah man Brüste und Penisse in allen möglichen Formen, Größen und Farben. Die Abgebildeten hatten einen kleinen Fernauslöser in der Hand und posierten ungewollt komisch. Sie waren allein, das hatte Bravo so eingeführt, damit sie sich nicht genierten und vielleicht doch noch einen Rückzug machen konnten.

Das Dr. Sommer-Team, das zuerst nur Dr. Sommer hieß, beriet die nach Antworten suchenden Jugendlichen in ihrer Sexualität. Da gab es Aufklärung von "Was ist Petting" über "Wie kann ich den Orgasmus hinauszögern" bis zu "Bin ich schwul?" alles was man sich vorstellen konnte. Die Reaktion des Teams war stets liebevoll aber auch mit dem Zeigefinger - Sicherheit geht vor.
Teilweise mussten wir sehr lachen über die gestellten Fragen, aber auch über die Tipps und Moralpredigten.

Jetzt wo ich erwachsen bin, gehe ich davon aus, dass die Redaktion dahinter irrsinnigen Spaß hatte und nur ein Teil der Fragen von echten Hilflosen stammte. Unglaublich waren allerdings, die ebenfalls auf jenen Doppelseiten veröffentlichten "Mein erstes Mal"-Geschichten. Ich erinnere mich gut, ein Mädchen (16) schilderte z. B. wie sie mit ihrem Freund (16) ihr erstes Mal bei Sonnenuntergang auf einem Traumstrand erlebte. Und sie kam bereits nach fünf Minuten zum Orgasmus. Diese unglaubwürdigen Geschichten waren keine Seltenheit, auch wenn meistens der männliche Part "zu früh" seinen Höhepunkt erreichte. Für all jene, die diese Storys in ihrer frühpubertären Naivität glaubten, sah die Realität anschließend umso bitterer aus. Alles in Allem muss ich Dr. Sommer dennoch danken, ich hatte panische Angst vor "Heavy Petting" und habe keine Kondome doppelt verwendet, oder übereinander gestülpt, für die ultimative Sicherheit. Und ich muss ihm dafür danken, dass ich keine Teenie-Mama geworden bin.

Mehr zum Thema

  • Hauptartikel

  • Kommentar

Kommentare