Starthilfe für Single-Schüchtis

Spotted Wiener Linien
Immer mehr junge Leute suchen via Facebook nach einer netten Zufallsbekanntschaft.

An das brünette, 16- bis 18-jährige, zirka 1,70 Meter große Mädchen mit den wunderschönen dunkelblauen Augen, das ich seit letzter Woche nicht mehr in der U1 Kagraner Platz bis Karlsplatz gesehen habe.

Starthilfe für Single-Schüchtis
Spotted Wiener Linien

Jason G., 17 Jahre, aus Mariazell, sucht seine Auserwählte. Täglich fährt er mit Zug und U-Bahn zur Arbeit nach Wien. Und dort hat er sie auch getroffen. Nur richtig angesprochen hat er sie nicht. Jetzt versucht er, jenes Mädchen, auf dessen Mantelärmel er damals in der U1 gesessen ist, zu finden. Und zwar über ein anonymes Posting auf der Facebook-Seite „Spotted: Wiener Linien.“ Wie du verwirrt versucht hast, an deinem Mantel zu ziehen. Und das Lachen, als wir draufgekommen sind, dass ich unabsichtlich draufsaß. Und dann dein „Hi..“- und der Augenkontakt – magical.

„Spotted“ (engl. für „ge­sichtet“) ist ein neuer Trend aus den Vereinigten Staaten, bei dem Zufallsbekanntschaften anonym mit einer Meldung in einer Facebook-Gruppe gesucht werden können. Der Gruppenname verrät, wo Amors Pfeil eingeschlagen hat (siehe unten).

Als Jason Anfang der Woche seine Suchanfrage auf die Seite von „Spotted: Wiener Linien“ stellte, war er einer der Ersten. Entstanden ist die Seite nämlich erst am 11. Jänner. Mittlerweile „gefällt“ sie mehr als 2000 Facebook-Nutzern. Gegründet hat sie Andy W. aus Wien, gemeinsam mit Freundin und Schwestern.

Familien-Kuppler

„Ein Freund hat uns erzählt, dass er so ein fesches Mädel in der U-Bahn gesehen hat. Angesprochen hat er sie aber nicht. Und dann haben wir uns überlegt, dass wir doch „Spotted: Wiener Linien“ gründen könnten.“

Eine Flirt-Seite für Schüchterne also. Eine „Single-Börse“ sei es nicht, vielmehr sehen sich Andy und seine Kumpanen als „anonyme Vermittler“. „Das System funktioniert nur, wenn viele Menschen mitmachen und mithelfen, jemanden zu finden“, erklärt der 22-Jährige. Veröffentlicht werden nur (und ausschließlich von den Administratoren) auf den ersten Blick ernst gemeinte Beiträge. Mit vollem Namen und Foto kann dort niemand seinem Liebesglück auf die Sprünge helfen.

„Wir wollen verhindern, dass blöde Kommentare kommen. Wenn wir die Suchanfragen anonym weitergeben, wissen nur die beiden, die gemeint sind, dass sie gemeint sind“, erklärt W.

Hinfällig wird das allerdings, wenn Facebook-Freunde ungefragt den ganzen Namen eines Gesuchten in einem Posting markieren. Auch Studentin Melanie F. wurde „gespotted“ und ganz geheuer ist ihr das nicht. „Es hat schon auch ein bisschen was von Stalking, wenn du weißt, dich hat einer in der U-Bahn beobachtet.“

Melanie traf sich nicht mit ihrem Verehrer. Der 17-jährige Jason wartet noch auf Antwort von seiner Unbekannten. Leider bist du dann gleich ausgestiegen, aber diese Erinnerung bringt mich immer wieder zum Lächeln.

„Spotted“-Facebook-Seiten wachsen in Österreich derzeit wie Schwammerl aus dem Boden. Entstanden ist der Trend in Amerika, nach und nach hat er sich auch in Europa durchgesetzt.

Die bekannteste Gruppe in Wien dürfte Spotted: University of Vienna sein. Aktuell zählt die Seite mehr als 13.300 Fans. Weil diese Zahl noch immer zunimmt, steigen auch die Chancen, dort den Gesuchten oder die Auserwählte zu finden.

Wer sich selbst beim Fortgehen nicht traut, sein Gegenüber anzusprechen, kann das nachträglich auf Spotted: Nightlife Vienna machen (4800 Fans). Abwandlungen dieser Gruppe gibt es freilich auch für andere Städte, wie etwa Graz (5800 Fans).

Neben der oben vorgestellten Gruppe Spotted: Wiener Linien, kann die Suche nach dem ultimativen Liebesglück auch auf Spotted: Öffis Wien (3600 Fans) ausgedehnt werden.

Sogar aufs Land hat es Spotted schon verschlagen. In Niederösterreich gibt es beispielsweise neben Spotted: Krems (3100 Fans) sogar Spotted: Gänserndorf (520 Fans).

Auch Schulgruppen haben sich mittlerweile gebildet, Spotted: HAK Hollabrunn zum Beispiel. Bei knapp 180 Fans könnte man aber annehmen, dass ein einfaches Wer ist denn das? und Hallo ausreichen würden.

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